Schöne neue Welt

Der HiFi-Bereich ist so etwas von tot.

Das hat man zwar schon vor einigen Jahren bemerkt, ich habe es aber erst heute richtig verstanden, als ich für die Reparatur eines sehr schönen Infinity Primus 200 Lautsprechers (des Kollegen @sauerstoff) dringend eine neue Hochton-Kalotte organisieren wollte.

Infinity Primus 200

Nach einer gefühlt halben Stunde Wartezeit in meiner Love/Hate-Filiale Conrad Elektronik in Frankfurt hieß es dann nur noch “Haben wir aktuell nix da, muss bestellt werden”. Schublade auf, und tatsächlich: alles leer.

Immerhin konnte mir ein weiterer Laden um die Ecke genannt werden, der aber auch nur auf Bestellung Ersatzteile ordert. Macht wirtschaftlich sicherlich Sinn, rechtfertigt dann wohl auch evtl. höhere Reparaturkosten, ist aber ein Grauen für jeden Bastler. Immerhin reden wir hier von einem 16 EUR Universal-Bauteil, dass bis vor kurzem zu jedem gut ausgestatteten HiFi-Laden gehörte. Es ist ja auch kein Abspielgerät, dass durch neue Modelle verdrängt wurde, sondern ein Bauteil für Lautsprecher, die man immer noch braucht.

An dieser Stelle könnte jetzt ein ganz wunderbarer Rant über die immer mehr erkennbare Obsoloszenz der uns umgebenden Konsumgüter stehen – allein, es bringt ja nix.

Die Nachfrage regelt dann doch das Angebot und das neue Gerät kann oft mehr als das Vorgängermodell. Eine Reparatur defekter Geräte lohnt sich oft nicht, die Reparierbarkeit wird bei modernen Geräten bauartbedingt immer mehr erschwert und so ist es nicht verwunderlich, dass sich auch das Konsumverhalten entsprechend ändert.

Und doch gibt es seit einigen Jahren diesen Trend hin zu DIY/DIWO (Do It Youself/Do It With Others), der auch schon vorletztes Jahr bei der DIY-Ausstellung in Frankfurt als Mitmach-Revolution gefeiert wurde. Dies steht ganz im Gegensatz zu einer Bastelkultur, die vor allem aus einer Mangelwirtschaft entstanden ist (vgl. DDR, AfriGadget et al). Es bleibt daher abzuwarten, wie sich dieser Trend der letzen Jahre auch auf die Verfügbarkeit von Ersatzteilen auswirken wird*.

Hackzentrale
Getrieben von dieser Ausgangssituation haben wir uns gestern Abend im Co-Working-Space/Hub “Die Zentrale” in Frankfurt getroffen und die Hackzentrale gegründet.

Wir – das sind interessierte Bastler im Frankfurter Raum, denen der (sehr empfehlenswerte) Hackerspace Frankfurt zu nerdig/speziell ist und die gerne gemeinsam Dinge reparieren wollen. Eine Art Repaircafé, wie es aus anderen Städten schon bekannt ist, aber ohne diesen ganzen Schwung an Verpflichtungen, die ein solches Modell mit sich bringen würde.

Aus meiner Sicht als Freizeit-Bastler kann das eine sehr schöne Veranstaltung werden, die zugleich auch das Konzept des Co-Working Spaces der Zentrale hervorhebt: gemeinsam arbeiten, voneinander lernen und sich gegenseitig inspirieren. Und natürlich soll es nicht nur um die Reparatur defekter Geräte gehen, sondern auch um kreatives Basteln und das Herumspielen mit neuen Gadgets.

Bei der re:publica13 Anfang Mai habe ich von den Freunden bei AfriLabs das Modell der “Community Currency” vorgestellt bekommen. Das ist eine Art geldwerten Beweises für Nachbarschaftshilfe – allerdings in einer angepassten Form. Die Umsetzung so eines Vergütungsmodells ist aber immer etwas problematisch – beim iHub in Kenia hatte man das anfangs auch versucht, dann aber schnell aufgegeben (= wer mehr für die Community macht, bekommt mehr Nutzungszeit des Coworking Spaces gutgeschrieben). Bloggerkollege Finn war übrigens auch dabei und hat uns kurz etwas zum Tauschring Bockenheim erzählt, der schon seit über 10 Jahren erfolgreich funktioniert.

Frankfurt braucht eigentlich ganz dringend ein eigenes FabLab, aber solange verrückte Mieten der Rentabilität einen Strich durch die Rechnung machen, müssen die FabLab Dienstleistungen eben dezentral angeboten werden. Der Marcus Link von Manupool bietet daher bereits 3D Drucker Workshops an, bei denen die Teilnehmer einen 3D Drucker als Bausatz aufbauen können.

“Ich kann mir 3D-Objekte von dieser Website herunterladen und hier real an dem 3D Drucker ausdrucken”, begeistert sich einer der beiden Gründer der Zentrale über den 3D-Drucker. Mal eben aus einem PLA-Kunststoff ein abstraktes Gebilde ausdrucken können, das man vorher am Computer geöffnet hat, ist schon ein sehr wunderbares Gefühl, das sehr viele Möglichkeiten bietet. Wie sehr hätte ich mir das in den 1990er Jahren gewünscht, als wir in Kenia die elektrische Schreibmaschine für ein halbes Jahr zur Seite stellen mussten, weil ein kleines Kunststoff-Zahnrad gebrochen war. Heutzutage wäre das kein Problem mehr.

Eben genau diese Kerbe der vielen Möglichkeiten wollen wir mit der neu geschaffenen Hackzentrale vertiefen. Ersatz-Hochtöner wird es wohl nur noch auf Bestellung geben, aber vielleicht werden wir uns diese in einigen Jahren auch schon selber drucken können.

Der nächste Termin für die Hackzentrale im CoWorking Space Die Zentrale in Frankfurt-Bornheim steht noch aus, wird dann aber sehr wahrscheinlich online unter http://www.hackzentrale.de zu finden sein. Die Teilnahme ist kostenlos, es wird aber auf Mitarbeit wert gelegt. An dieser Stelle auch ein großes Dankeschön an die beiden Gründer der Zentrale – Jenny Krutzinna und Lukas Koerdt – für die Initiative und Bereitstellung der Räumlichkeiten!

Den gesuchten Hochtöner habe ich jetzt übrigens bei eBay bestellt.

[* Ersatzteile: das Sortiment hat sich geändert. Ähnlich wie beim Lego verschmelzen Hard- und Software immer mehr. Elektronikanbieter wie Conrad oder Pollin werben immer mehr mit Bausätzen wie dem Arduino oder dem Raspberry Pi. Weniger Ersatzteile, mehr modulare Bauteile, die zu einem System gehören und miteinander kombiniert werden können. Ich betrachte das noch etwas skeptisch, weil mir dadurch systembedingt zu viele Vorgaben gemacht werden, aber auf der anderen Seite müssen wir genau diese Kombination aus Hard- und Software noch mehr fördern und müssen es auch mehr als Entwicklerplattformen verstehen, die eine andere Ausgangsbasis darstellen und natürlich jederzeit erweitert werden können.]

Understanding Germany in one pic, part 1

Pic of Deichmann shoe shop in Germany

There’s certainly much more to a society than one picture could ever express, but this one here – a snapshop of a shoe shop in Hamburg – already says a lot to me and it is also somehow typical of the business-to-customers relationship in Germany.

Most shops close at 8pm, and this snapshot was taken a few minutes before 8pm. Sales people are tired, they want to go home – there a lot of valid reasons for closing in time. Others, however, do not really understand this business attitude. “Why do your shops close at 8pm?”, the Chinese Taiwanese intern asked me the other day. “Because of a strong labour union”, I replied. – “You know, shops in Taiwan are open for 24h”.

Now, the interesting part is that they indicate their punctual closure by narrowing the entrance to a tight channel where customers can get out, but won’t get in that easily. It’s a typical sign of non-verbal communication.

And that, ladies and gentleman, is what Germany is all about: living in a society which is based on perfectionism and abstract levels of communication where such non-verbal procedures are accepted as the norm – instead of e.g. giving in and closing the shop only when the last customer has left the building.

It’s their sign of saying “Dear customers, please get out. Now!”. It’s a closed door that tells me how people apparently prefer to communicate – with rules and guidelines that every observant visitor will need to notice. It’s a non-verbal sign instead of a rude sales person who will ask you in a non-friendly tone to leave the shop asap. Which leaves me with the question: is this – the half-closed door – an improvement to the unfriendly sales staff we were used to?

(there are so many examples for non-verbal communication in Germany where I often think: “Ha! I understand this, but what about everyone else? And are these non-verbal methods really reliable enough in getting the point across, especially when you are dealing with foreigners who are used to verbal communication? Or who don’t know what you and the rest of society expect from an unknowing individual, who doesn’t notice these signals?”)

Pirates, revisited

TEDxRM apacheAn unrelated, but still epic snapshot I took at a recent local TEDx event.

Coming back to my satirical he-said-she-said piece on Pirate Party Kenya, I think there’s 80% truth in it and that Kenya could also use such a modern political party. And this although I also believe that democracy as such still isn’t the best option for today’s Kenya, at least not when it comes to the way it has been implemented in the past and when we look at the historical structure of societies in East Africa.

I am not a member of the Pirate Party Germany because I am trying to be independent and have in the past also contributed to Germany’s first hyperlocal project frankfurt-gestalten.de (which is similar to Mzalendo.com, but for (the City of) Frankfurt am Main only and is more about republishing open data (e.g. hansards from the local parliament) and capturing citizen voices) and have as such tried to keep a neutral position.

I have, however, voted for Pirate Party during the last two local (German) elections because of the following reason(s).

I also voted for them because I am convinced of their concept. You’ll have to understand that about 95% of the German media are currently trying to brand us floating voters as “protest voters“, who voted for the Pirate Party out of protest. This is SO wrong and I am strongly opposed to this limited point of view! The problem is: most of the media didn’t get it. As much as they never understood the need to update their views on the law which regulates the use of (online) content. What’s a free and open media when they are too stupid to understand a completely different approach to politics? A new approach that also requires a different benchmarking system if we are to compare the new option with the traditional alternatives. And please remember: Germany already saw the introduction of the Greens Party (“Die Grünen”) in the early 1980s, so our society here is already familiar with new approaches.

I am calling the Pirate movement a modern party because I strongly believe that their structure is the logical consequence of what the internet has brought us so far. Such as an international and timely response on open issues that have in the past only been dealt with by a relatively small group. I see it as a response to the success of the internet – this world wide network that is as revolutionary as letterpress, radio and television combined. The understanding of the impact the internet has on all of us probably is something that many of the critics do not really want to acknowledge. As such, with new structures that introduced a completely new concept in communication, it’s also about time for a new and different system. Either way, it just happens, whether you like it or not. I also don’t like everything they put on Wikipedia, yet I often use it like many others.

What makes Pirates Party special to me is the integration of modern tools and a completely different understanding of grassroots democracy – something we already know from the internet. “Liquid feedback” is such a system and piece of software that collects voices and forwards votes to a person in the system that has more competence on a particular subject. Everyone can cast his vote on all issues or delegate his vote to someone else. It’s still a relatively new approach, but the one that makes the difference to me.  This alone – the different understanding of TRUE democracy – is reason enough for me to give them my vote.

It is also this understanding why I just laugh at critics who are asking me on “how can you vote for the Pirates – they don’t even have a political agenda next to their internet stuff??! 1!11”. Most critics just repeat what they read somewhere.

And the Pirate name? Well, both in Kenya and Germany, many if not all political parties seem to have names that don’t hold true to 95% of their daily business. Maybe the Anarchist Pogo Party of Germany (founded in 1981 by two punks) is one of the few that is as consequent in their approaches as the name dictates.  So either way you may want to interpret the name and how it qualifies for a better marketing strategy (given that it sounds a bit anarchic to most conservative voters), it probably only matters for marketing reasons and as such, it isn’t the worst.

In a recent election in two different states within Germany, the German Piratenpartei scored between 7 and almost 9%, thereby securing a few seats in local parliaments. They currently have over 23.000 (!) members in Germany, which is quite a lot for such a young party. Something tells me that a) they are doing it right, b) the interest to engage in local politics isn’t dead and as important as it has always been and c) not all of their members are the stereotypical IT folks with long hair who are into Terry Pratchett and/or have a paranoid fear of everything Google Inc. does. All these members, rich and poor, old and young certainly aren’t engaging for the protest only.

It is for these reasons alone, but also for many unmentioned more that I would to see politics adopting more structures that correspond to the technological framework we currently experience on our planet. New structures that enable crowdsourced project approaches, something that will hopefully also change the way we perceive to live in urban communities (e.g. a modernized infrastructure that plays along with our needs, not the other way round as it has been in the past). Pirate Party as such may not be the best option with all its typical start-up problems, but it’s the one that works and that’s all that matters to me at the moment. If we could have the same in Kenya, I’d be very happy!

My experiences with Leatherman Germany, or: why passion matters.

Good news and bad news. Twice.

The good news is that I have a new job in a new town city, the bad news is that the place is so damn expensive that everything I earn will be wasted on a place to sleep as well as on food. The bad news also includes a very low payment. But I chose this path because it helps me shaping my professional profile and interests (which are various).

The other bad-news-good-news-story is a bit more complicated. The recent move to the new place made me pick up my broken Leatherman Charge TTi multitool (yeah, another gadget post – sry, gals :-) and have it sent to Leatherman Germany for a service repair under warranty.

You’ll need to know that Leatherman multitools come with a 25year warranty. Most broken tools will either be repaired or replaced. It’s a great and decent service by a serious company. I love most of their products and am part of the “Leatherheads Anonymous” addicts group on Facebook. These tools turn me on. Geek pr0n, you name it. Needless to say that I do not only have one, but five such multitools. I actually only need one, a working one in good condition, and my Charge TTi urgently needed some professional help.

Some history
Leatherman Inc. recently acquired a majority interest in Zweibrüder Optoelectronics in Solingen/Germany, who are known for their quality LED Lenser flashlights. This obviously happened because consumers who are willing to invest EUR 30 and more on a decent flashlight will probably also go and buy a EUR 100+ multitool. It’s the sales channels they are interesting in, and it’s a smart move.

This development, however, also meant that Leatherman Germany had to pick up the corporate design and philosophy of their US mother – and if you have ever dealt with a German sales person in service, you’ll quickly understand that “good service” in Germany and the USA are two completely different concepts. German “service quality” is about the engineering of the product (and only the product), US “service quality” is more about emotions. You can read up more on this in Clotaire Rapaille’s book on Culture Codes.

Service Quality?
I have no idea when the concept of German accuracy got lost, but what I received in return from Leatherman Germany was just below ANYTHING, below any quality standard ever I’ve come across so far. And what I had to complain about wasn’t some kinky German non-issue (like a scratch or so), but that they had only made the tool worse. Much worse.

There are these security Torx screws on Leatherman multitools, so you just can not mess with it (and it would also void the warranty). What they had done was to unfasten one of the screws which resulted in a wobbly saw blade – and on the other side of the tool the screws were too tight that I couldn’t open all the tools inside the (miss aligned) handles. The multitool was rendered useless – and returned to me in such a state.

This really pissed me off.

I had read so many positive reviews about the Leatherman customer service which made me send in my fifth tool in the first place. After all these years without any troubles, I eventually needed to make use of the warranty service – and then they mess it up.

Markets are conversations.
( – The Cluetrain Manifest, # 1 / 95)

As a result of the failed repair, but more importantly that they had the guts to return the tool in such a state, my trust in the German branch was lost and I decided to report my negative experience on the Facebook wall of Leatherman USA.

I received an instant reply (within five minutes!) from a very kind person at Leatherman USA who a) really took this issue serious, b) apologized on behalf of Leatherman Inc. and c) made sure I receive a brand new tool directly from the factory line.

The story could end here and all would be well, but it unfortunately continues – with some more WTH?!-moments:

The day after that e-mail & Facebook conversation with Leatherman USA, I received a phone call by Leatherman Germany. The guy on the other end of the line – well…. if this was my company, I would send him on a customer training. First of all, he wouldn’t let me explain the situation, then he replied in a snobbish manner and then he tried to bribe me with some “extras”.

Dear Leatherman Germany, please stop the crap next time and just make us have a positive experience when we are in contact with you. And with “we” I am talking about all German customers. The attitude shown during the phone call corresponded well with the delivered repair, to say the least.

my broken Leatherman Charge TTi

He went on explaining that they only recently took over the repair service on behalf of Leatherman (“you were customer number 20…”) and that they still need to learn on how to handle such situations. That’s ok to me, but to be honest: you can not tell your client (who still has a problem which needs to be solved asap!) something like “uhhm, u know we messed up because we’re still not experienced enough…”, even if it’s the truth. “Yes, we have never repaired Ferraris before, but uhm, let us try, it can not to be that hard…” – see? And then of course if you are still inexperienced and I am client number 20, then it MAY be smarter not to repair the knife, but instead give me another one (wouldn’t need to be a new one) or send it to someone who knows what he’s supposed to do.

So after a hefty dispute on the phone (I normally don’t do that, but the guy on the phone was such an arrogant person which prompted me to reply), we settled on him sending me “something small” in return for the expenses I had with Leatherman so far and that I would return my broken Charge TTi a second time for them to see what was wrong.

LED LENSER T7

A few days later on I received a parcel with a) an LED LENSER T7 flashlight (which has a market value of about EUR 30 on eBay) and b) a Leatherman leather sheath for a range of tools I do not own (= useless). Free of charge, a gift from Leatherman Germany for the troubles I had with them. That’s very nice!

The flashlight is nice – a bit too big for me, but the free and unexpected gift is still appreciated. The sheath – well…. it’s useless to me. I’ve put both items on sale at eBay because they are brand new and because I need to cover my expenses.

Expenses? Yes, Leatherman USA, or rather an uncapable UPS courier service, messed it up a second time which resulted in me having to pay another EUR 36 on import taxes for the brand new Charge TTi which came as a replacement. So both sales of the above mentioned “free gifts” will have to cover my costs. Which is ok. It’s extra work, it’s partly my mistake because I accepted the US parcel instead of asking for a duty-free version (and waiting for another week), but in the end I managed to have my Charge TTi exchanged for a working version (my old Charge TTi wasn’t only broken, it also had quality issues ex factory) and paid only a few extra Euros. The money, uh well. Forget about it.

The replacement tool is so much better. I should have requested a replacement for my Charge TTi right from the very start. The Charge TTi line is known for having quality issues, and mine was part of those faulty multitools.

And Leatherman Germany? No response from them whatsoever since receiving the “free gifts”. Not so Leatherman USA who really impressed me with their understanding of quality service and human communication. I hope they will train their German colleagues accordingly.

If there is anything like a silver lining to all of this then it’s probably the insight that good customer service does not depend on a trained concept, but more importantly that it depends on passion.

Passion is the driving force behind a lot of things – and if there’s anything I appreciate in others then it’s their passion for a good cause or good products. It’s so important and clearly shows when it’s absent.

P.S.-1: I take it that the folks of Letherman Germany are passionate about their LED flashlights, because if they act the same way on their flashlights as they did with my Leatherman then we may have a problem…

P.S.-2: Facebook may not be used by everyone, but it’s an interesting marketing instrument and channel for direct interactions with your customers. On the US (=international) Facebook channel of Leatherman they do not only respond in time and very fast, but also deliver follow-ups to problems. They really care. From my .DE point of view, this certainly is a very new experience and highly appreciated.

To all German Leatherman owners who need to make use of the warranty service: viel Erfolg!

ReverbMag

Ein kurzer Hinweis auf meine Artikel beim reverb magazine – einem neuen Online Magazin, für das ich derzeit schreibe.

do epic shit

(Facebook | Twitter)

Do epic shit. Das ist natürlich eine gewagte Ansage, steht aber auch stellvertretend für den Anspruch und die Geisteshaltung, den Leser mit interessanten Themen zu unterhalten und einen wirklichen Mehrwert zu bieten.

Für mich ist es auch eine neue Erfahrung, weil ich meine Texte auf Deutsch verfasse und zur Veröffentlichung freigebe – statt auf Englisch wie bisher (hier und anderswo). Betreut werden wir Autoren übrigens von jungen Online-Journalisten, die sich u.a. mit diesem hübschen Bildband schon einen Namen gemacht haben.

Kurz: das reverb magazine ist ein gut gemachtes Blog mit spannenden Themen, kurzweiligen Artikeln und freut sich auf Euren Besuch! :-)

Quo vadis, Facebook?

Im Herbst 2010 saß ich in einem Meeting zu einem deutschen Forschungsvorhaben, bei dem Zwischenergebnisse aus den Untersuchung auch auf Facebook bekannt gemacht werden sollen.

“Was ist Facebook?”, frug daraufhin ein teilnehmender Vertreter aus der Industrie. “Bei uns werden all diese Seiten immer gesperrt von der IT, wir können da praktisch gar nichts machen”.

“Facebook?..nee, lieber nicht”, antwortete eine andere Vertreterin aus der Industrie, “..bei uns ist das alles sehr restriktiv, wir haben auf unserer Website auch keine Infos über Forschungsvorhaben”.

Meine Schwester, Juristin & als Mutter 24h dauerbeschäftigt, gehört auch zu denjenigen, die “diesen ganzen Quatsch” ablehnen. Keine Zeit, “keinen Bock auf Daten von mir online”, keinen Nerv auf die Zeitverschwendung – alles Gründe, wieso sie da nicht mitmacht. Ich bin da zwar anderer Meinung, weil ich mein Geld teilweise auch mit “diesem Quatsch” verdiene, respektiere aber diesen – für sie – logischen Entschluss. Freilich, was bringt ihr die Teilnahme?

Alim Market Facebook
…neulich an der Kasse beim Alim Market in der Kaiserstraße.

Facebook muss man nicht mögen, ich habe es in der Vergangenheit gehasst, ich bin kein großer Fan von social networks im Stil von Facebook (oder noch schlimmer: Xing & LinkedIn), aber ich nutze es mittlerweile gerne weil es mir den Kontakt mit anderen ermöglicht, genauso wie Twitter.

Ich nutze Facebook auch deswegen, weil in anderen Ländern als Deutschland Facebook quasi DIE Eingangsplattform für social activities ist. Verbunden mit einem in manchen Ländern kostenlosen Mobilfunkzugang zum mobilen Angebot von Facebook via http://0.facebook.com, muss man sich dann auch nicht wundern, wenn die Jugend bei Facebook & Co. abhängt. Wohlgemerkt, weltweit. Genau so wie der Rest des Internets 24/7/365 offen ist (wenn wir mal von ein paar deutschen Ausnahmen absehen).

Facebook bietet all das, und eben noch viel mehr als Xing & LinkedIn aus bewussten Gründen sein werden und vielleicht auch nicht sein wollen. An Facebook führt also irgendwie kein Weg vorbei – denken sich sicherlich auch die professionellen Facebook Marketer in Deutschland.

screenshot fb hessencenter

Eben komme ich aus dem Einkaufszentrum hier in Frankfurt-Ost – dem Hessen-Center, das gerade eine Aktion für Kunden startet und für die Teilnahme an deren Hessen-Center Facebook Seite wirbt:

http://facebook.com/hessencenter

….steht da in der Mitte auf dem Plakat im Center. Nicht etwa http://www.hessen-center-frankfurt.de, nein, facebook.com/hessencenter. Und daneben ein überdimensionaler “Gefällt mir” Button. Facebook.com/xyz als neue ID?

screenshot hessen-center-frankfurt.de

Zugegeben, die richtige Website ist jetzt auch nicht so der Burner. Aber was möchte man auf der Website eines EKZs schon erfahren – ausser der Öffnungszeiten und vielleicht noch der verfügbaren Geschäfte? Bemerkenswert übrigens der Link zu den Jobangeboten.

Obwohl, das könnte man doch eigentlich auch direkt erfragen, nicht wahr? Also ab damit auf die Pinnwand: “Werdet Ihr hier auch eine Seite mit Jobs anbieten?”

FireShot capture #019 - 'Hessen-Center Frankfurt' - www facebook com hessencenter v=wall

Die Kommunikation läuft also über die Facebook Pinnwand, man ist beim Du (praktisch, direkt) und ich (ich kleines ich) spreche mit a) der Welt und b) dem HessenCenter (wo natürlich nur eine Agentur bzw. ein Student sitzt, der die Kommunikation macht). Kommunikation! Konversationen! Cluetrain? Hach….

Ich erwähne das alles, weil:

  • ich mich ob der angepriesenen URL wundere: facebook.com/eigenername vs. http://www.eigenername.de, und inwieweit es ein Vorteil ist für Firmen, wenn sie Teil eines Netzwerks sind;
  • ich mich über solches direktes Facebookmarketing freue, aber auch wundere, weil es doch gefühlt noch so viele Nichtnutzer gibt und man damit nicht alle erreichen kann;
  • ich mich wundere, ob die Firmen und Projekte wirklich alle bereit sind für eine offene Kommunikation? Konversationen mit dem Kunden! Dabei geht es ja nicht immer nur um Firma X, die ein Produkt Y verkaufen möchte. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Stadt Frankfurt, die bei Facebook über das Presse- und Informationsamt einen Facebookkanal bedient. Machen die gut, wie ich finde, aber viele Teilnehmer und “Gefällt mir”-Klicker nutzen deren Facebook Pinnwand als direkten Rückkanal – und äußern darüber ihren Unmut zur Stadt UND eben allem was dazugehört. Which includes the RMV und all das was der gemeine Bürger sonst noch nicht voneinander abtrennen kann und vielleicht auch nicht muss. Ich, die privaten Firmen, dort die öffentliche Hand und ach ja, die Steuern und überhaupt, macht mal was für unsere Steuern! 11!1! So etwa. So liest sich das auf den Seiten teilweise. Das ist normal und menschlich (und eben nicht so sachlich);
  • ich mich frage, ob Firmen “Marketing” auch als ein Solches verstehen, oder hier den bloßen Verkauf von Produkten sehen (vielleicht auch nur weil es ein für sie messbarer Erfolg ist und sie weiterbringt). Beispiel: Bahnaktion im Herbst 2010 mit dem Verkauf von Tickets über Facebook. Meiner Meinung nach war das ein bloßes Antesten der Bahn über deren altgediente Agentur, ob Facebook als Verkaufsplattform taugt. Die Kunden sahen es anders und äußerten ihren Frust auf der Pinnwand über Stuttgart21, die Verspätungen und was sonst noch im Makrokosmos Deutsche Bahn abgeht. Direkt, auf Antwort hoffend. Die natürlich auf sich Warten ließ, dann aber gut kam. GENAU DARUM GEHT ES meiner Meinung nach. Um Kommunikation! Mit den Kunden sprechen, direktes Feedback geben. Das Angebot kann noch so scheisse sein – wenn die Kommunikation stimmt, ist schon vieles gerettet. Zum Kundenservice in Deutschland hat auch Volker Weber gerade wieder etwas gebloggt. Traurig, aber wahr..
    Bloßes Verkaufen geht meiner Meinung nach (als gelernter Kfm.) über den Preis, über Qualität oder übers Image. Wenn die Bahn Tickets verkaufen möchte, stelle ich mich gerne 3 Tage auf die Zeil in Frankfurt und verkaufe da sicherlich noch mehr Tickets als die über Facebook. Verkauft haben sie übrigens lt. dem oben verlinkten Interview mit der Agentur und dem Bahntypen blendend. Gegenüber meinem Kunden würde ich als Agentur in der Öffentlichkeit aber auch nur positives berichten.
    Daher: Facebook ist vor allem eine Kommunikationsplattform (yeah, “-plattform” :-), kein Verkaufskanal.
  • Ich erwähne es auch, weil ich mich immer wundere, wo diese rasante Entwicklung mit Facebook noch hinführen wird. Dass im Internet nichts von Dauer ist und alles vergänglich ist, ja sogar peinliche Sucheinträge aus der Jugend (“das Internet vergisst nicht”) in der Masse und aufgrund von Suchmaschinenoptimierungsmaßnahmen sowie demand media Flut untergehen, scheint mittlerweile immer mehr bewusst zu werden. Allein: Facebook kann sich Dinge erlauben, die andere Firmen in den Ruin treiben würden. Verschleierte Privacy Maßnahmen, einen unreifen CEO mit schlechter Menschenkenntniss und ein sich ständig wechselndes Layout bzw. Benutzersteuerung sind da nur einige der Gründe, die Position von Facebook kritisch zu hinterfragen.
    Siehe Delicious.com, der social bookmark service von Yahoo!. Yahoo!, diese mittlerweile chinesische Firma. “Geleakt” (wuaarrgh), ist deren slide zur bevorstehenden Schließung von Delicious, dann am nächsten Tag Kommando zurück, delicious wird – wenn überhaupt – verkauft, aber eigentlich ist das alles egal, denn die Menschen brauchen Vertrauen. Vertrauen, dass sie in Delicious nicht mehr haben und dementsprechend abwandern. Eigentlich sehe ich es wie einige Andere, dass Delicious durch die abwandernden Nutzer kaputt gemacht wird, und nicht durch Yahoo!s falsche Geschäftspolitik, aber mittlerweile habe auch ich zu Diigo.com gewechselt. Nicht weil Delicious so schlecht ist, sondern weil mir bei dieser News erst gezeigt wurde, dass es auch noch bessere Alternativen zu Delicious gibt.
    Amazon mit seiner Sperrung der S3 Server für Wikileaks, Paypal ebenso – alles Dinge, die sich eine Firma wie Facebook ohne weiteres erlauben könnte und andere eben nicht so sehr. Eben weil die Nutzer so tief drinstecken und ihre Kontakte – ihr Netzwerk – nicht mehr aufgeben möchten. Dieser scheinbare Zwang zur Facebookmitgliedschaft – der Wert der Verbindungen und der internationalen Kommunikationsmöglichkeiten – ich weiß noch nicht wo uns all das hinführen wird, und ob es hierfür überhaupt eine gewollte Marschrichtung gibt? Auch von Seiten der (antrainierten) Nutzer?
  • Und: ich nutze Twitter lieber als Facebook. Beim Barcamp Darmstadt, als Beispiel, lief die Kommunikation (“back-channel”) über Twitter. Inklusive Twitterwall. Praktisch. Wohl dem der dabei ist und den Dienst zu nutzen weiß.
    Festzuhalten bleibt aber auch der Kommentar von Fefe zum 27C3: “Wie viele Konferenzen kennt ihr, die ein eigenes GSM und ein eigenes DVB-T haben? Und keine Twitter-Wall :-)”. Dabei hatte ich den 27C3 vor allem via Twitter verfolgen können. Und war damit sicherlich nicht der einzige.
  • Bei Facebook mag es vielleicht mittlerweile diverse Einstellmöglichkeiten für die Privatssphäre geben – wer darf welche Inhalte sehen? – aber stellt das auch wirklich jeder so ein? Gerade gestern hat jemand aus meinem Facebook Freundeskreis 200 (!) von seinen vielen Kontakten bei Facebook aus der Kontaktliste gestrichen. Weil er die alle irgendwie doch nicht kannte und eine bessere Übersicht haben wollte. Jemand, der den ganzen Tag mit IT zu tun hat, ein sehr geselliger Typ ist und sich als TED Teilnehmer und PopTech Fellow eigentlich gut mit Selbtmarketing auskennen müsste. Und doch hat ihm Facebook diese Entscheidung (“wer ist mein Freund bei Facebook?”, “wer hat Zugriff auf mein Profil, auf meine Kindheitsfotos, auf meine Familienfotos, auf meine Infos, Konversationen an der Pinnwand?” etc.) in der Vergangenheit nicht so leicht gemacht wie es vielleicht bei anderen Netzwerken der Fall ist.
  • Mir fallen 10 gute Gründe ein, wieso eine Firma in Facebook vertreten sein sollte, aber – bei der o.g. Problematik zum “Freunde-Status” – eher weniger gute Gründe, wieso meine Schwester oder meine Mutter (die regelmäßig Anfragen von ihren DaF-Schülern bekommt), bei Facebook mitmachen sollten. Oder wie ich meiner Mitbewohnerin beibringen kann, dass sie nicht Hinz & Kunz bei Facebook befreundet um ihre FarmVille Boni zu erhöhen, da vielleicht aus Versehen einer ihrer eigenen Schüler reinrutscht und ich ihr aus dem Grund keine privaten Dinge mehr auf die Pinnwand schreiben möchte. Denn: so ganz logisch ist das für mich (als FB power user) eben alles noch nicht. Was bringen mir restriktive Privacyeinstellungen, wenn meine Kommunikationspartner das alles viel lockerer sehen?
    Und: viele sehen in Facebook immer noch das private Netzwerk, weniger die berufliche Seite wie bei Xing oder LinkedIn. Dass sich beide Welten nach Ansicht des Facebook CEOs miteinander vermischen sollten und Facebook eben diese beiden – privaten sowie beruflichen – Fronten abdecken soll, ist für den deutschen Benutzer vielleicht eher befremdlich. So ganz ist das Verständnis von Facebook für Privatnutzer bei eben diesen am Ende von 2010 noch nicht angekommen.

Frankfurt Gestalten FB

Eine Facebook Seite haben wir übrigens auch für unser open data hyperlocal Projekt Frankfurt-Gestalten.de eingeführt – sogar neuerdings (dank Wolfgang Weicht vom Kombinat für asiatische Verhaltensforschung) mit sog. “landing pages”. Ich finde das sehr gut und bin gespannt, wie es sich entwickeln wird. Gerade weil vielleicht die typischen Facebook Nutzer nicht unbedingt auch bei Frankfurt-Gestalten.de mitmachen würden. Aber ist das wirklich so?

Facebook, quo vadis?

Und: was bedeutet Facebook für Euch?

Erlöse aus Flattr & Co. für das Kinderheim

Das Land Kenia in Ostafrika ist inoffiziellen Angaben zu Folge eines der reichsten Länder Afrikas. Nicht unbedingt wegen der eher bescheidenen Bodenschätze, den erfolgreichen Exportgütern wie Kaffee, Tee, Blumen oder dem Tourismus, sondern wohl vor allem weil es im Ausland so viele Kenianer gibt, die (oft am Fiskus vorbei) ihre Familien aus der Ferne finanziell unterstützen.

Jahrelange Korruption und Missbrauch von staatlicher Gewalt haben trotz einer erstarkenden Mittelklasse auch immer weiter dazu geführt, dass die Kluft zwischen Arm und Reich immer größer und deutlicher wird.

Gelder, die für den Aufbau des Landes gedacht waren, flossen in die falschen Taschen. Innenpolitische Machtkämpfe führen immer wieder zu Verlusten, vor allem bei der armen Bevölkerung.

Kenia ist ein wunderschönes Land voller innerer Spannungen und Gegensätze, es befindet sich im Aufbruch in eine neue Zeit, in der die selbstbewusste Jugend eigene Erfolge verbucht und – verführt von ausländischen Investoren aus China und Russland – ihr Anlagevermögen vermehrt.

Der Mobilfunksektor boomt mit seiner Vorreiterrolle – seit Mai 2010 gibt es in der Hauptstadt Nairobi einen eigenen Inkubator, der gleichzeitig als Treffpunkt aller IT-Spezialisten dient. Die Stadt Nairobi platzt irgendwie aus allen Nähten – was wenig verwundert, denn sie wurde nie auf die ständig wachsende Einwohnerzahl ausgelegt: einen aktuellen Masterplan zur Stadtentwicklung gibt es nicht.

Seine Entwicklung ist auch seiner geopolitischen Lage zu verdanken – Kenia gilt mit seinen Häfen und seiner internationalen Anbindung auch als wichtiges Zentrum internationaler Politik. Zwei UN Programme (UN-Habitat & UNEP) haben dort ihr Hauptquartier.

Bei dieser idealen Ausgangslage könnte man also davon ausgehen, dass Kenia wie jedes andere Land in der Lage sein sollte, seine internen Probleme selber zu regeln.

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Spendenwerbung mit afrikanischen Kindern, gerade zur Weihnachtszeit, war schon wiederholt Gegenstand der Diskussion in diesem Blog (hier, hier, hier, hier und hier).

Diese international als “poverty porn” bezeichnete Methode empfinde ich als falsch, da sie nur weiter das falsche Afrikabild nährt und dunkelhäutige Kinder visuell mit den Begriffen Armut, Elend und Hunger gleichstellt.

Wieso sehen wir bei den Spendenaktionen von UNICEF & Co. keine Bilder von – weißen – unterernährten & geschlagenen & zugedröhnten Kindern aus Moskau, die in der Kanalisation hausen? Oder von den vielen, täglich vernachlässigten armen Kindern in Deutschland?

Der Aufruf zum Spenden kommt für mich in der deutschen Gesellschaft oft einem modernen Ablasshandel gleich, zumindest wenn auf diese rhetorischen Mittel zurückgegriffen wird.

Dabei ist Spenden eine sehr feine Sache und sollte hierzulande viel selbstverständlicher werden! Mein Vater musste mit seinen Geschwistern nach dem 2. Weltkrieg auch monatelang “stoppeln” gehen, also die Früchte vom Feld auflesen (oder eben klauen), weil sie nichts zu Essen hatten. Ohne die gütliche Hilfe Anderer wären sie wohl damals nicht über die Runden gekommen und ich würde nicht diese Zeilen schreiben können. Folglich sind alle Menschen, die ohne eigenen Nutzen anderen Menschen helfen (gelebter Altruismus, sofern erwünscht), in meiner eigenen Wertschätzungsskala ganz weit oben. Die eigene Motivation (“ich mache das weil sonst keiner hilft”, “ich mache das damit ich mich besser fühle”, “ich spende weil es mir auch mal dreckig ging”, etc.) bleibt dabei jedem selber überlassen.

Im Folgenden möchte ich nach dieser Einleitung aber doch erwähnen, wieso ich trotz meiner Ablehnung des poverty porns, der vielen Nichtregierungsorganisationen in Kenia und der gegenwärtigen Übersättigung mit Spendenaktionen das folgende Projekt für sehr gut befunden habe und nach Möglichkeit aus der Ferne unterstütze:

The Nest Home

TheNestHome-screenshot
screenshot der The Nest Home Website

Das Nest Home “..ist ein Programm zur Prävention und zur Wiedereingliederung für Kinder in Not und deren inhaftierter Mütter in Kenia.”

“Programm” ist hier eigentlich eher der Übersetzung des englischen Begriffes zu schulden, denn es ist keineswegs ein staatliches Programm, sondern ein privates Hilfprojekt mit deutschem Trägerverein im Hintergrund und als eingetragene Stiftung in Kenia registriert.

Dass dieses Projekt überhaupt als Stiftung bzw. Nichtregierungsorganisation in Kenia anerkannt wurde, ist nur dem unermüdlichen Druck der Hauptverantwortlichen und Initiatorin des Projekts, Frau Irene Baumgartner, zu verdanken, die mit ihren Mitstreitern unentwegt, d.h. an 24h am Tag und fast 365 Tagen im Jahr für das Wohlergehen der Kinder sorgt. Da die Mitarbeiter des Nests zur Ablehnung jeglicher Korruption angehalten sind, dauern einige bürokratische Prozesse auf staatlicher Seite oft länger als eigentlich notwendig. Und das, obwohl der Sinn und Zweck dieses Kinder-aufname-heimes nur darin besteht, den in Haft befindlichen Müttern und gelegentlich auch den vielen (!!) Findelkindern eine liebevolle Unterkunft (eben “The Nest”) zu bieten. Es handelt sich um einen Dienst an der kenianischen Gesellschaft, die immer stärker mit offenen Armen bei diesem Projekt mithilft und seinen Wert erkannt hat. Umso erfreulicher ist es dann auch, wenn Adoptionen innerhalb Kenias – z.B. durch kinderlose kenianische Ehepaare – erfolgen können.

Das Nest Kinderheim mit seinen Häusern (mehr dazu auf der Homepage) ist für mich eine wirklich sehr gelungene Einrichtung, die es im Idealfall natürlich überhaupt nicht geben sollte. Es muss sie aber geben, weil es in einer Welt von Gewinnern auch ebenso viele Verlierer gibt, die in ihrer Not oft auf sich selbst gestellt sind. Hartz IV? Gibt es nicht in Kenia.

So zum Beispiel junge & alleinerziehende Mütter, die beim Handeln auf der Straße von der Polizei erwischt und aufgrund einer fehlenden (da teuren & aufwendigen) Geschäftslizenz / Geschäftsausstattung (z.B. kein Verkauf von Lebensmitteln ohne Schürze) eingesperrt wurden. Und die Kinder? Kommen mit ins Gefängnis. Oder verwahrlosen tagelang alleine im Wellblechverschlag, bis sie von den Nachbarn oder den Sozialarbeitern – die Füsse voller Würmer – ganz zufällig entdeckt werden. Es ist ein Teufelskreis, weil die Menschen teilweise aus Not, teilweise aus eigener Dummheit ins Gefängnis kommen und die Kinder darunter zu leiden haben.

Ebenso gibt es auch die traurige, aber wahre Geschichte des kleinen Jungen, der von seiner Mutter in die Toilette geworfen wurde, weil sie zu jung und unfähig war, für ihn zu sorgen. Was macht man in so einer Situation? Wie hilft man? Und ist es nicht ein Fass ohne Boden, wenn es in einer sich wandelnden Konsumgesellschaft immer mehr zur sozialen Verwahrlosung kommt? Wem hilft man? Und wem hilft man nicht?

In der Regel werden die Kinder für die Dauer der Inhaftierung der Mütter bzw. der Eltern aufgenommen und neuerdings auch schulisch ausgebildet. Im Anschluss daran gibt es eine Rehabilitierungsmöglichkeit für die jungen Mütter, wo sie in einer ruhigen Umgebung an der Ausbildung ihrer Fähigkeiten arbeiten können. Wenn das jemand als private Entwicklungshilfe (-zusammenarbeit) oder Diakonie bezeichnen möchte – so be it. Wichtig ist mir, dass sich jemand um all diese Menschen kümmert, ihnen Halt gibt (weil es sonst niemand tut) und dafür Unterstützung bekommt.

10 Minuten Video über das Nest Home in Limuru, Kenya

Die Website des The Nest Home in Limuru (Vorort von Nairobi) in Kenia läuft in einem Unterordner auf meinem Uhuru.de Server und ich unterstütze die Arbeit des Nests hier aus der Ferne über diese technische Seite. Manchmal schicke ich auch ein paar alte (aber noch funktionsfähige bzw. von mir reparierte) Handys zur Familie Baumgartner nach Nairobi, weil man in einem Land wie Kenia – trotz des Reichtums einiger Weniger! – auch diese Dinge gebrauchen bzw. verkaufen kann. Das ist nicht gerade viel und ich würde gerne mehr für das Nest machen: der Unterhalt des Kinderheimes verursacht jeden Monat hohe Kosten. Alleine schon die Krankenhauskosten für kranke Kinder sind so dermaßen hoch, dass man nur ganz direkt nach einem Zahlungserlass bitten kann und auch muss, weil es anders gar nicht zu stemmen wäre. Gesundheit kostet Geld – auch in Deutschland ist die soziale Absicherung für Menschen ohne Aufenthaltspapiere trotz des Grundrechts auf Gesundheit nicht viel besser.

Selber aktiv werden

Meine Motivation zur Hilfe ist nicht das Mitleid mit den tragischen Einzelschicksalen der Kinder – jeder hat seine eigene, oft traurige Geschichte – sondern weil ich diesen Kindern das Familienleben/Gruppenleben und die Geborgenheit ermöglichen möchte, die andere als selbstverständlich betrachten und die ihnen genauso zusteht. Im Gegensatz zu ihren Eltern rutschen sie meist unverschuldet in diese Situation und werden dann der Möglichkeiten beraubt, die ihnen den Rahmen für eine erfolgreiche Entwicklung bieten. Beim wem, wenn nicht bei den Kindern, sollte Hilfe ansetzen?

In der Vergangenheit gab es auch schon diverse Helfer aus Deutschland und den USA, die im Nest Home in Limuru ehrenamtlich ausgeholfen haben (alles selber bezahlt, kein warmes Wasser, etc.), oder aber eine Solaranlage oder ein tolles Kinderklettergerüst errichtet haben. Ohne diese Hilfe von Außen – von Ausländern, aber auch von Kenianern! – wäre das Nest Home Projekt sicherlich nicht zu dem geworden, was es jetzt ist.

Ich habe daher beschlossen, den Jahreserlös des erst vor Kurzem auf meinem Blog eingeführten “Flattr.com“-Buttons (bei dem sich registrierte Nutzer/Blogger gegenseitig Guthaben zuweisen können, d.h. man legt zu Monatsbeginn einen Betrag fest und dieser wird dann am Monatsende durch Anzahl der Klicks geteilt) an das Nest zu überweisen. Das ist jetzt nicht sonderlich viel (derzeit 1.31 EUR), weil die Flattr Funktion meiner Meinung nach vor allem in der deutschsprachigen Blogosphere bekannt ist, es den Flattr Dienst noch nicht so lange gibt, erst seit kurzem auf meinem Blog richtig aktiv ist (zwischenzeitlich deaktiviert) und weil mein Blog eher international erscheint & ich nur selten Beiträge auf Deutsch verfasse. Aber dennoch – vielleicht kommt ja so einiges zusammen. Selbstverständlich wird es zu dieser Aktion auch ein Update zur Schlussüberweisung geben.

Auf der Website des Nests war eigentlich auch mal ein Paypal Spendenbutton angedacht – viele Unterstützer des Nests wohnen zB. in den USA, für die die Bezahlung via Paypal bequemer wäre. Aufgrund administrativer Abläufe wie Schwierigkeiten beim Ausstellen einer Spendenquittung für Onlineüberweisungen wurde dies aber erstmal nicht umgesetzt. Ebenso haben wir (wir = die ehrenamtliche Verwalterin der Nest Home Website und ich) auf die üblichen Mittel des Social Media Zirkusses wie Facebook und Twitter weitgehend verzichtet. Es gibt zwar mittlerweile eine Facebookseite und sogar eine Initiative von US-amerikanischen Filmemacherinnen, die einen Dokumentationsfilm über das Nest erstellen möchten, aber… aber viel Erfolg führt auch leider oft zu vielem Neid. Neid, den man bei der täglichen Arbeit nicht gebrauchen kann. Neid bei den lokalen Ansprechpartnern in staatlichen Einrichtungen, weil da eine Deutsche quasi im Alleingang und mit Hilfe potenzieller Geldgeber und vieler Freiwilliger ein Projekt aus der Taufe gehoben hat, das so viel Sinn macht und gut ist. Und bei dem es kaum vorstellbar ist (aus kenianischer Sicht), wieso jemand seine ganze Lebensenergie ohne Eigennutz in so ein Projekt steckt.

Spendern, die es gut meinen und die helfen wollen, muss man daher manchmal vor den Kopf stoßen, weil zu viel Hilfe teilweise genau das Gegenteil bewirken kann. Zum Wohle der Kinder eher weniger herumtrommeln und dafür weniger Missgunst vor Ort ernten. Die o.g. internen Machtkämpfe in Kenia gibt es nicht nur in der Politik!

Jedenfalls: ich finde dieses The Nest Home Projekt sehr gut; ich unterstütze es technisch; ich unterstütze es weil es Menschen aus meinen beiden Heimaten Deutschland und Kenia involviert; ich weiß, dass die Gelder alle gut ankommen und direkt verwertet werden; ich weiß dass die Verwaltungskosten (overhead costs) im Gegensatz zu manch anderen Projekten aufgrund sinnvoller Investitionen relativ gering sind und ich weiß, dass dieses Projekt aus rein altruistischen Stücken von einer mehr als engagierten Persönlichkeit geführt wird, die hier nicht ihren Afrikatraum verwirklichen möchte, sondern dort hilft wo Hilfe wirklich gebraucht wird.

Ich möchte daher jeden Leser dieses Blogbeitrages bitten, entweder die Flattr-Funktion unterhalb dieses Blogbeitrages zu benutzen, oder aber für dieses Projekt auf eines der hier angegebenen Konten zu spenden.

Für eine dauerhafte Unterstützung gibt es auch einen Förderverein in Oldenburg, den “Tunza Dada e.V.”, dessen Mitglieder mit ihren 6,- EUR Monatsbeiträgen die 38 Gehälter des Projekts finanzieren und Sonderzahlungen wie z.B. Reparaturen an den Gebäuden oder dringende Neuanschaffungen ermöglichen. Der Verein hat derzeit 171 Mitglieder und 200 fördernde Nicht-Mitglieder.

Herzlichen Dank!

Juergen “Kikuyumoja” Eichholz (@jke)
Frankfurt am Main, 11.12.2010

update:
Wie angekündigt habe ich den gesamten Jahreserlös via Flattr von meinem Blog ans Nest überwiesen. Allen Spendern ein herzliches Dankeschön!

Wer braucht Kino, wenn er in einer Stadt wie Frankfurt wohnt?

Heute Abend in der U-Bahn saß ein älterer Mann – “südländisch”, würde man wohl sagen, also natürlich ein Türke (was ebenso natürlich nicht stimmt), der vertieft in einer orangenfarbenen DIN-A4 Mappe las. Jede Seite mit arabischen oder persischen Schriftzeichen – so genau konnte ich es im Vorbeigehen nicht erkennen – war handgeschrieben, und mit seinem Schurrbart und dem Blick wirkte dieser Mann wie…

…ja?

Das ist genau der Punkt. Wir wissen gar nichts voneinander. Und doch musste ich beim Anblick dieses Mannes an den Themenschwerpunkt Istanbul bei arte.tv denken, letztens, wo es auch einen Bericht über Arabeske gab, dieser für westliche Ohren kitschigen Volksmusik:

“…l’arabesk s’est muée en phénomène national et a révolutionné la pop turque”.

Folglich stellte ich mir vor, wie dieser Mann in den 1970er, oder vielleicht auch 1980er Jahren ein lokaler Star war, der in seiner Freizeit dramatische Texte über Liebe und Schmerz schrieb und in Gedanken noch in dieser alten Zeit lebt. Am Abend, wenn er auf seinem Weg zum Flughafen ist, wo er in einer 10h Schicht durch die Gänge des Terminals läuft und den Müll der Fluggäste entfernt. Sich in der U- und S-Bahn mental auf die Eintönigkeit der Arbeit vorbereitet, in dem er die alten Texte durchgeht und sich des Schmerzes erfreut, der gefühlt besser war als der Luxus in der neuen Welt.

Das ist natürlich nur ein Gedankenspiel. Maximal drei Minuten lang einen fremden Menschen anschauen und sich eine Geschichte dazu überlegen. Erfundene Geschichten zu Menschen, die in dieser Stadt leben und früher in einem anderen Kulturkreis ganz anders gewirkt haben?

Frankfurt am Main, diese typische Großstadt mit ihrem hohen Anteil an zugereisten Mitbürgern, eignet sich hierfür irgendwie ganz gut. Das Kopfkino siegt immer wieder in Frankfurt, diesem Schmelztiegel aus Kommerz und Kulturen – selten eine Stadt wie Frankfurt erlebt, die so viel HassLiebe in sich trägt. Was also liegt näher, als sich vor Langeweile im öffentlichen Nahverkehr die Menschen anzuschauen, und sich vorurteilbeladene, aber doch irgendwie passende Geschichten auszudenken (eben weil man es nicht besser weiß)?.

Bis jetzt habe ich mich noch nie so richtig gelangweilt im Leben. Wann waren wir eigentlich das letzte Mal im Kino?