Unsinn und Kapriolen: Gedanken zum Buch „Zebras im Schnee”

Das Buch "Zebras im Schnee" von Florian Wacker auf dem Esstisch liegend, daneben weitere Bücher.
Buch „Zebras im Schnee” von Florian Wacker

Vielleicht sollte ich einfach mehr Romane lesen. Geschichten, die irgendwann unmittelbar anfangen, in denen die Charaktere fein ausgearbeitet sind, die detailliert Gefühle und Gedanken beschreiben und auch Gespräche so abgebildet werden, wie sie in Wirklichkeit tatsächlich stattgefunden haben können.

Wenn ich mehr Romane lesen würde, hätte ich vielleicht eine andere Erwartungshaltung an ein neues Buch, wüsste viel mehr, was ich wirklich lesen möchte und am Ende erwarten kann. Dass ich vielleicht mit offenen Fragen zurückgelassen werde, Autoren bestimmte Zeiträume manchmal kurz zusammenfassen (und an anderer Stelle detaillierter ausarbeiten) und dass es gar nicht darum geht, eine abgeschlossene Handlung präsentiert zu bekommen. Continue reading “Unsinn und Kapriolen: Gedanken zum Buch „Zebras im Schnee””

Von Posen nach Princeton: Über die Biographie zu Ernst Kantorowicz

Robert E. Lerner "Ernst Kantorowicz"
Robert E. Lerner „Ernst Kantorowicz, eine Biographie”

Als vor ein paar Jahren die Biographie von Robert E. Lerner über den Mittelalter-Forscher Ernst “EKa” Kantorowicz erschienen ist, hatte ich sie mir auf dem Wunschzettel markiert und lange Zeit einen großen Bogen um dieses Buch gemacht.

„Ich lese keine Biographien”, sagte mir einmal ein befreundeter Programmierer, und in unserer hektischen Gegenwart scheint der Rückblick auf vergangene Leben immer mehr etwas Sonderbares zu sein. So wie man sich zum Lesen eines dicken Buches die Zeit nehmen und das Gelesene verarbeiten muss, so regt eine Biographie vielleicht mehr zum Nachdenken an als ein Liebesroman. Continue reading “Von Posen nach Princeton: Über die Biographie zu Ernst Kantorowicz”

Der Dreizehnte Monat

Mit der Unschärfe ist es wie mit der Liebe: Am Ende zählt nur der Blick fürs Ganze. Für die Farben und die Stimmung, für die Gefühle beim Betrachten. Ähnlich verhält es sich mit geschrieben Werken – auch Jahre später können sie noch Emotionen erwecken. So wie bei mir.

Vor ungefähr 67 Jahren verfasste Erich Kästner einen (mittlerweile berühmten) Gedichtzyklus über die 12 Monate des Jahres. Später ergänzte er sein Werk noch durch ein schönes Vorwort und vor allem einen dreizehnten Monat, in dem er die Frage stellt, wie dieser wohl aussehen könne.

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Eines Tages werde ich über diesen Ort schreiben…

Ingrid Laurien: Kenia, Ein Länderporträt

tl;dr Vorsicht, sehr langer Blogpost mit Anmerkungen zum Buch und eigenen Gedanken.

Letztens beim Stöbern in der Bibliothek der Bundeszentrale für politische Bildung habe ich dieses Buch über Kenia gefunden: Kenia, ein Länderporträt, von Ingrid Laurien.

Natürlich hatte ich es sofort bestellt und jetzt im Urlaub endlich gelesen, in einem Rutsch durchgelesen, was bei mir eher selten ist, da ich meistens nur Fachbücher lese und diese relativ langsam. Der Themenkomplex Kenia ist mir aber so vertraut und auch an die Autorin erinnere ich mich, weil sie einerseits mit meinem Vater zusammengearbeitet hatte und andererseits auch, weil sie mit ihrem kleinen, weißen 4WD Minibus immer sehr auffiel, und als jugendlicher Technikmensch behält man eher diese Dinge in Erinnerung. Erst Jahre später, nachdem man sich ebenfalls seit fast 30 Jahren mit dem Land und seinen Themen beschäftigt hat, sieht man viele Dinge ähnlich wie die Autorin. Continue reading “Eines Tages werde ich über diesen Ort schreiben…”

The Difference

The difference between being an explorer and a celebrated explorer is: writing and sharing.

I remember having attended a reading by Thesiger at the British Council in Nairobi in 1994? and would certainly like to go back in time and ask this old man a few questions that I didn’t come up with 19 years ago.

Still, what I really appreciate about these explorers is their ability to share their experiences in written form. I wonder if this quality would still be possible today.

Mein lieber Ilija Trojanow

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Mein lieber Ilija Trojanow, mit dem Weltensammler hattest Du mich ja schon erreicht – dieser phantasievoll zusammengetragenen Biographie über Sir Richard Francis Burton, dem wahrscheinlich vielseitigsten Abenteurer und Kosmopoliten des viktorianischen Zeitalters. Ein Buch, dass sich ob des ständigen Wechsels der Erzählperspektive zum Ende hin im ostafrikanischen Schlamm wälzt und in meinem Bekanntenkreis anderer Afrikareisender teilweise schon nach 50 Seiten zur Seite gelegt wurde. Ein Buch, dass so viel Leidenschaft in sich trägt, dass es eines weiteren Bandes (“Nomade auf vier Kontinenten”) bedurfte, in dem das Universum und die Eigenarten des Herrn Burton näher beschrieben wurden. Schwierige Kost, so vermute ich, für all diejenigen, die auch im Zwiegespräch der Kulturen keinen Segen finden. Leidenschaft ist aber ein heimliches Dauerthema in meiner Welt, daher freut es mich umso mehr, in dieser beschriebenen Welt die Feinheiten zu erlesen, die den Herrn Burton wohl ausmachten.

Gefragt hatte ich Dich im Dezember 2006, im Goethe-Institut in Nairobi, nach der gemeinsamen Lesung mit Binyavanga Wainaina, über Deinen “Wechsel” zum Islam. Gelesen hatte ich den Weltensammler seinerzeit noch nicht – die wahre Motivation erschloss sich dann auch erst beim Lesen dieses überaus wunderbaren Interviews.

Ob es dem Burton in Ostafrika eigentlich gefallen hat, frage ich mich jetzt öfter. Ob er aufgrund der Eintönigkeit nicht nur für die Konversationen mit den Kaufleuten orientalischer Abstammung gelebt hat.

Vielleicht die gleiche Motivation, warum sich Binyavanga wohl derzeit am nigerianischen Nollywood-Fieber abarbeitet und auf Facebook Charaktere aus dem nächsten Projekt vorstellt. Ein kenianischer Schriftsteller – in Südafrika studiert, gearbeitet, über einen zynischen Artikel Berühmtheit erlangt; den Literaturbetrieb im Lande aufgewirbelt in den frühen 2000ern; die Hand, die ihn derzeit füttert, kritisierend, sich an einem modernen Afrika versucht – gar einem “interafrikanischen” Austausch, wie wir ihn vielleicht zuletzt beim CFA, bei Kwame Nrkrumah oder der Roamingvernetzung von Airtel Africa gesehen haben. Ein Schriftsteller, der ebenfalls zwischen den Welten lebt. “Nairobi people live in at least two different worlds”. Allein, er wohnt ja jetzt in den USA.

Trojanow Bücher

Nein, nein, dieses “Afrika” aus unserer Kindheit – es ist lange vorbei. Oder zumindest anders. Bei der GIZ vielleicht noch, in der “heilen Welt” einiger Auslandsdeutsche, die mit Hörspielen, dem BVB und dem Sonntag Tatort aufgewachsen sind und diese Werte jetzt ins Ausland tragen – überall dort, ja, das wirst Du sicherlich immer wieder erlebt haben im Ausland, bei Botschaftsempfängen und bei jungen DaF-Lektoren, da ist es noch so.

So wie Du es beschrieben hattest auf den ersten Seiten meiner neuesten Lektüre “Der entfesselte Globus” – eine Sammlung von Reportagen von Unterwegs. Und auf den ersten 12 Seiten sogleich die Beschreibung der deutschen “Community” in Nairobi.

Unserem Nairobi von damals, als die deutsche Community eine ähnliche bornierte Grundhaltung gegenüber dem Rest des Landes zeigte, wie sie wohl in ähnlicher Form nur Tom Hillenbrand (“Hamburg, keine Perle“) formuliert hatte (es muss ja für Daheimgebliebene nachvollziehbar sein) – ich vermute es ist nur noch schlimmer geworden. Alleine weil man in der vernetzten Gesellschaft (Mobilfunk! Satellitenfernsehen! Internet!) weniger Gemeinsamkeiten entdeckt. War die Community wohl damals noch eine Solche, ist es heute eher ein Zweckverbund.

Aber ich will ihr keinen Vorwurf machen – es gibt wahrlich introvertiertere Kulturen, die so dermaßen mit sich selbst beschäftigt sind, dass sie den externen Austausch nur dann wahrnehmen, wenn er neue Qualitäten ins Land spühlt.

Ob es den Weihnachtsstollen noch gibt – ich weiß es nicht. Zwischen uns liegen zehn Jahre Altersunterschied, kein so wirklich großer Unterschied im Nachhinein. Nairobi, mit seinen chronisch verstopften Straßen (Richard Branson stand letztens 2h im Stau), weil vier Mal so viele Fahrzeuge unterwegs wie eigentlich angebracht wären. Die deutsche Auslandsschule, die sich heute (!) nach all den Jahren endlich dazu durchringen konnte, die Verantwortung für die Domain von mir zu übernehmen; die Schule, die bei mir mehr als einmal verschissen hat (“es gibt kein schwarzes Christkind”); die Schule, in der mir mein Mathe- und Sportlehrer nach der allgemeinen deutschen Reifeprüfung nahelegte, “nichts mit Naturwissenschaften zu studieren”, und ich es dann trotzdem gemacht hatte; Nairobi, dass mich mit seinem iHub und meinen Freunden aus der kenianischen Blogosphere anlockt aber ob der Kosten für den westlichen Lebensstil und dem Reichtum der aufkommenden Mittelklasse eher abschreckt. All das, weil ja immer wieder die Frage nach der Rückkehr aufkommt. Gearbeitet habe ich in Kenia, das Land von einer anderen Seite kennengelernt. Das wahre Kenia kennengelernt, fernab der Hauptstadt. So wie Du Afrika bereist hattest. Ich erinnere mich noch gut an das Afrikanissimo Lesebuch, dieser erste Versuch der literarischen Annäherung. Gerne würde ich jetzt schreiben: ja, so war es damals, in den 1990er Jahren, als Kenia unter Moi noch fest im Griff der Mächte war, als es aus Afrika überwiegend Betroffenheitsliteratur gab – gespickt mit ein paar deutschen Reportagesammlungen der üblichen Journalisten, die sich mit einem Afrikabuch ein Denkmal setzen wollten (zurecht, hätte ich wohl auch so gemacht), aber keiner auch nur annähernd an Ryszard Kapuscinski herankam und das Afrikanissimo Buch der erste Schritt in die richtige Richtung war. Aber stattdessen schreibe ich nur: Lavington Green.

“Lavington Green”, die ersten beiden Worte im “entfesselten Globus”, die die Einkaufszeile beschreiben, wo früher zwei fette Punjabi Damen, Mukhwas-kauend, hinter der Kasse sitzend Anweisungen an ihre kenianischen Angestellten gegeben, sich dabei den Sari zurechtgerückt haben. Erinnerungen, die beim Lesen dieser Zeilen wiederkommen, die ich teilweise verdrängt hatte, weil das Einkaufszentrum in dieser Form nicht mehr existiert (der Sailsbury Supermarket aber wohl immer noch). Überhaupt, wir, die mit Forsty neben der Heilsarmee gewohnt haben, wo man jeden Sonntag Morgen die Uhr nach dem Trommelgesang stellen konnte…

Allein, allein, allein – das Buch hatte ich eigentlich ob der Reportagen aus Indien gekauft. Weil ich doch jetzt zum Ende der Woche mit einem indischen Kollegen aus Allahabad eine WG teilen werde – dem Kollegen, der sich unabhängig von mir Deinen Kumbh Mela Bildband gekauft hatte und wir so anfangs ins Gespräch kamen. “Same author!”, sagte ich ihm, und denke mir fortan “auf zu neuen Ufern!”.

Thank you for all these books!

The Unfolding of yellow-orange books

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Bought this book (2nd hand) about (some of the) Writing systems of Africa (by Saki Mafundikwa) because of Emeka’s tweet, EY’s post on Sokari’s blog and Jepchumba’s review.

Another book I’d like to mention is “The Unfolding of Language – The Evolution of Mankind’s Greatest Invention”, by Guy Deutscher (he’s a British guy, btw :-).

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I could go on and give you a review on these books, tell you how the issue of ancient writing systems in Africa actually matters, how languages change(d) with time and that I suddendly felt a need to use this wonderful costruct “The Unfolding of..” for the headline, but I am actually busy procrastinating a very important task and also got hold of a kit (that) I’ll *need* to reassemble today, so stay tuned for another blog post from me today.

(“being busy procrastinating” – oh my, I love this oxymoron…)

“the Africans”

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Why are there books (like the selection pictured above) & online publications on post & neo-coloniaslim in Africa as well as important recent developments on the African continent on one hand IF on the other hand I am still terribly at unease writing about “the Africans”?

It’s not just the term “the Africans”, but also my arrogance to write about a third party.

I just found myself deleting an e-mail I had written to a client explainig the use of social media platforms by “the Africans”, because: who am I to explain e.g. what motivates “the Africans” in using social media tools (unless we are talking about Facebook Zero and other free stuff / communities)?

Would my reader be prepared enough to spot the difference between the stuff I know (facts), I assume (observations) and define as a conclusion?

Could the term “the Africans” only be possible when we’re also using “the Europeans”? Are these terms only used outside their initial territory?

My passport says I am German and I often also act that way, but to be honest: I know more about “the Africans” than about “the Europeans”. Does this qualify me to write an e-mail about “the Africans” – if instead I am maybe only talking about a certain age group from a region or about common user behaviour that’s rooted deep down in a historical context (like the lack of Intellectual Property Rights as argued by J.Shikwati & others)?

And: is this self-criticism a typical German thing?