Infopost

Infpost

Heute Morgen bekam ich Post von meiner Bank, die mir meine neue Magnetstreifenkarte als Infopost zugeschickt hatte. Die reinen Entgeltkosten für Infopost-Briefe betragen 0,28 EUR für den Absender und neben dem Frankierungscode befindet sich der Aufdruck “Infopost”. Dies ist natürlich günstiger als ein normaler Brief (0,60 EUR), wobei Großkunden sicherlich noch einen anderen Preis in Rechnung gestellt bekommen würden.

Für mich ist Infopost primär Werbung. Die Deutsche Post AG sieht das übrigens auch so (“Infopost national – effiziente Produktwerbung per Mailing“) und bewirbt diese Beförderungsmethode in Zeiten privater Konkurrenz auch dementsprechend intensiver. Aus sicherlich historischen Gründen ist es so, dass viele Empfänger den Schreiben mit einem “Infopost”-Aufdruck keine Priorität einräumen. Ich kenne in meinem Bekanntenkreis einige Personen, die diese Schreiben ungeöffnet und ungelesen direkt wegwerfen. In Zeiten ungefragter Postwurfsendungen und einer Reizüberflutung durch Angebote ist dieses Vorgehen aus Kundensicht nur verständlich, wenngleich auch nicht sehr empfehlenswert. Ich kann daher nur dringend raten, jede persönlich adressierte Postsendung zu öffnen und den Inhalt zu beurteilen. Die Maxime bei vielen Unternehmen heißt doch immer wieder “Gewinnmaximierung durch Kostenreduzierung”, daher sollten sich auch die Verbraucher auf diesen Umstand einstellen. Auch wenn es eigentlich nicht ganz ok ist.

Wieso? Weil ich bei meiner Online-Recherche und der anschließenden Diskussion bei Twitter…

…auf einen Artikel bei der Wirtschaftswoche aus 2011 stieß, der genau diese neue Vermarktungsstrategie bei der Post hinterfragt:

Auch Datenschützern ist die Praxis ein Dorn im Auge. So verschickt die Postbank EC-Karten als Infopost und begründet dies mit „betriebswirtschaftlichen Entscheidungen“. Der zuständige Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (LDI) in Nordrhein-Westfalen macht dahinter große Fragezeichen. „Nach den Datensicherheitsanforderungen des Bundesdatenschutzgesetzes sind Daten auf ihrem Transport vor unbefugtem Lesen zu schützen“, erklärte der LDI auf Anfrage der WirtschaftsWoche. „Dieser Sicherheitsanforderung würde bei dem Versand per Infopost möglicherweise nicht ausreichend entsprochen.“ Bei Bankdaten, wie sie regelmäßig auf einer Bankkarte aufgebracht sind, ist dies „besonders kritisch“. (Quelle)

Dieser Aussage zu Folge ist der Versand von solchen Karten also zumindest datensicherheitstechnisch noch nicht geklärt. Ich weiß allerdings nicht, wie es sich damit in 2014 verhält und ob hierfür inzwischen eine verbindlichere Aussage existiert. Wahrscheinlich ist es weiterhin so schwebend.

Weiterhin heißt es in dem Artikel übrigens:

Dass die Unternehmen und die Post dabei sowohl sich selbst als auch sich gegenseitig etwas vormachen, zeigt ein Blick in die Geschäftsbedingungen für die Infopost. Danach dürfen Post-Mitarbeiter Infopost-Briefe ausdrücklich öffnen, um die „Einhaltung der Inhaltsgleichheit zu überprüfen“ – ein absurder Passus bei Sendungen wie Versicherungskarten, die individueller nicht sein können. (Quelle)

Ich sehe die Ursache primär bei der Deutschen Post und ihrer Strategie, aber auch bei den Unternehmen, die sich mit solchen Methoden das Vertrauen der Kunden verspielen. Überhaupt, das Vertrauen. Können wir als Kunden den Unternehmen noch vertrauen?

Von der Deutschen Bahn erhielt ich meine aktuelle Bahncard letzens übrigens auch als Infopost. Seufz.

re: Fußball #sge

Fußball war mir früher egal. Bespaßung für die Massen war das für mich. Brot und Spiele für die Bevölkerung, die unterhalten werden muss. Bestenfalls ein Event, das die Menge vereint, aber ohne weiteres Begeisterungsgefühl. “Interessierst Du Dich für Fußball?”, frug mich der Kollege damals in der Ausbildung. “Nein”, antwortete ich wahrheitsgemäß, woraufhin sich der Kollege desinteressiert abwendete. Allerdings war der als Maintaler auch Bayern München Fan und daher sowieso irgendwie suspekt. Nein, also dieser Fußball mit seinen ulkigen Fans und dem ganzen Zauber drumherum – es interessierte mich nicht sonderlich.

Heute sehe ich das etwas differenzierter.

“In der Saison 93/94 war ich bei jedem Heimspiel dabei”, schrieb mir mein Kumpel Kang-Ping letztens aus Taiwan. “Über den Sohn vom Trainer sind wir damals günstig an Karten gekommen, 5 DM das Stück. Ich habe da jedes Spiel mitgenommen.” Das hätte ich seinerzeit auch mal machen müssen. Einfach mal rechtzeitig ins Stadion gehen und diesen Fußball erleben, der mir so jahrelang egal war. Wahrscheinlich lag es daran, dass wir damals im Ausland gelebt haben oder mein Vater ebenso wenig Interesse für diesen oder überhaupt einen Sport aufzeigen konnte. Ich bin sehr nach ihm geraten, wir interessierten uns für die Kunst, weniger für Leibesertüchtigungen. Dabei ist Fußball sogar ein großartiges Mittel zur Völkerverständigung und der ultimate ice breaker für jede Konversation. Allein – das Interesse fehlte.

Wenn man Fußball nur aus dem Fernsehen kennt, kann auch keine richtige Freude aufkommen. Man muss da schon ins Stadion gehen und diesen Vibe spüren. Ich musste erst 38 Jahre alt werden, um auf Twitter diesen Wunsch zu einem Stadionbesuch zu äußern, der mir einen ganz wunderbaren Besuch bei der Partie Werder Bremen vs. Eintracht Frankfurt bescherte. Nochmals vielen Dank an @penn_y_lane, die schon als Kind zur Eintracht mitgenommen wurde. Überhaupt, die Eintracht. Die Sportgemeinde Eintracht Frankfurt von 1899 e.V..

Über meine Zufriedenheit mit Frankfurt schrieb ich ja bereits. Frankfurt ist mit seinem hohen Ausländeranteil ein willkommener Ort für alle diejenigen, deren Heimatverständnis mehr ein Erleben der Gegenwart ist, als die bedingungslose, hereditäre Treue zu einem Ort (so gesehen wäre ich vielleicht sogar gebürtiger geborener Hamburger, aber der HSV?! Lotto King Karl, ok, aber der Rest? Dann schon viel eher Werder Bremen.). Bei einer Stadt wie Frankfurt also ist es nur folgerichtig, dass die Eintracht Frankfurt aus meiner Sicht so ein schönes Sammelbecken für Frankfurter ist. Beim Spiel gestern saß ein Haufen Japaner neben uns. Für mich ist das ein ganz wunderbarer Grund, ins Stadion zu gehen.

Waldstadion

“Die Eintracht, da ist jeder willkommen!”. So oder so ähnlich erzählten es mir Bekannte bereits im Vorfeld, und das sagen die Fans wahrscheinlich bei jedem Verein. Ausgehend von der bunten Mischung an Fans kann ich dem auch nur zustimmen, wobei mich ein Besuch im sehr einheitlichen Fanblock jetzt auch sehr reizen würde. Womit ich zu meinen Likes und Dislikes komme:

Was ich mag:
Den Mannschaftssport. Keine Einzelkämpferleistung, sondern ein Miteinander und schöne Pässe. Spieler, die als Team auftreten und dynamisch die Lücken füllen, ohne vom Trainer dazu verdonnert zu werden. Das Fair Play, also die professionelle Haltung beim Spiel, die dieses Miteinander über den Kampf stellt. Das ist mir wichtiger als ein siegreiches Spiel. Tore finde ich nett, sehe sie aber eher als Garant für interessante Sponsoren.

Die Atmosphäre im Stadion. Du sitzt oder stehst auf der Tribüne und siehst da unten so kleine Figuren herumlaufen, hast einen besseren Überblick als die Spieler und denkst Dir die ganze Zeit: “Los jetzt!” oder “Raaaaaaan!!” oder “gib doch mal ab!” oder so Zeugs. Klugscheißergalore, wenn mir selber nach 100m die Puste ausgehen würde, aber trotzdem ist das geil. Sehr geil sogar. Sport live erleben, und das habe ich jetzt endlich gelernt, ist nochmal eine andere Liga als es immer nur passiv über einen Filter (i.e. TV) zu konsumieren. Wahrscheinlich wäre ein Partie Tennis live auch erträglicher.

Die Sprache. Einmal bei 11 Freunde vorbeischauen, alles querlesen und sich ob des Geschwafels erfreuen, das aber trotzdem vieles ganz genau beschreibt. Typen, die im Fernsehen stundenlang über den Sport reden. Früher war mir das sehr suspekt. Wie können die das nur ewig bequatschen? Haben die da selber mitgespielt oder auch nur (so wie ich) im Stadion mitbekommen? Überhaupt, ständig wird über irgendwelche Spielertransfers gesprochen und Siege hier und Führung dort. Über die Pässe und das Miteinander wird da gefühlt weniger gesprochen. Ist das wahr?

Die Erholung. Wie im Auge eines Tornados, so empfinde ich die 90 Minuten + Halbzeit im Stadion. Die pure Erholung. Natürlich fiebert man beim Spiel mit, aber ansonsten bin ich die Ruhe in Person während des Spiels. Volle Konzentration, aber ohne angestrengt zu sein. Wenn mich jetzt jemand fragt, ob ich mit zum Spiel kommen möchte, sehe ich da in erster Linie die geistige Erholung. Für mich ist das wie Meditation. Sehr, sehr erholsam. Sehr.

Die Strategie. Ein Land, das sich aktiv um eigene Nachwuchsspieler kümmert und aktiv aufbaut. Das mit einer U19-Mannschaft Erfolge einfährt und lieber selber etwas fördert als sich Potential aus dem Ausland einzukaufen.

Eintracht!

Was ich nicht so mag:
Die Preise. Beim letzten Spiel wurde ich eingeladen (thx!), denn auf Dauer könnte ich mir den Spaß nicht leisten. Diese ganze Kommerzialisierung von den Fanutensilien (Trikotpreise!) über die Eintrittskarten bis hin zur Abzocke bei der Verpflegung ist total ätzend. Natürlich ist es logistisch eine große Erleichterung, wenn alle nur noch mit Prepaidkarten bargeldlos bezahlen und bei jedem großen Spiel die Fans kontrolliert hin- und weggeleitet werden, aber irgendwie kommt man sich da auch wie dummes Vieh vor, das möglichst nur konsumieren und gute Stimmung machen soll. Wirklicher Freiraum sieht da doch anders aus.

Manche Fans erfüllen wirklich alle Klischees hinsichtlich des typischen Hessen. Also FFH-Radiohörer, Onkelz-Fan (“Gehasst, vedammt, vergöttert” – fand ich als 18jähriger in Kenia auch mal gut) und allgemein Anhänger irgendwelcher Sprüche, die auch gerne als Wandtattoos oder als Lebensweisheiten auf der FB-Pinnwand verewigt werden. Wenn man diese Klischees bedient haben möchte, wird man hier fündig. Obwohl die Sprüche auf den Fanschals schon wieder witzig sind und Frankfurt dieses Image eigentlich noch viel weiter ausbauen müsste (“Hauptstadt des Verbrechens”). Überhaupt, Fußballfankultur ist eine Welt für sich und ich kann/darf es eigentlich gar nicht beurteilen. Als Neuling nimmt man dieses Bild aber oft als erstes wahr, und daher habe ich jetzt auch so lange gebraucht, um zum Fußball zu finden.

Was gar nicht geht: der Spruch “aus eigener Kraft” beim FSV. Welcher Kommunikationsberater hat sich diesen Mist ausgedacht? Aus wessen Kraft denn sonst? Aus fremder Kraft? WTF? Die haben eh schon so wenige Fans beim FSV, und dann so nen Vorstoß. Ich wohne direkt am FSV-Stadion und muss mir diesen Mist jetzt öfter anschauen. Oh man.

Die ständige Regulierung. Wahrscheinlich muss ich mal richtig in den Fanblock abtauchen und ein Spiel aus deren Sicht erleben, aber irgendwie kommt es mir so vor, dass man in Deutschland alles nur in geordneten Verhältnissen zelebrieren darf. Das scheint wohl auch ein Grund zu sein, wieso es dann bei den Fans zu solchen scheinbar starken Sprüchen kommt, die einerseits Dinge wie Stärke, Loyalität oder Leidensfähigkeit demonstrieren sollen, und andererseits aber nur das erlaubt wird, was der Sponsor abgesegnet hat. “Fanbanner bitte nur in der Halbzeit”, oder so. Hier würde ich gerne mehr von dem sehen, was die Fans wirklich fühlen. Nicht nur das was der Sponsor oder der Club als massentauglich empfindet. Dann kann man sich auch die vielen Sprüche sparen, die eher peinlich wirken weil so gekünzelt. Auf der anderen Seite lebe ich aber auch fernab der Helene-Fischer-Welt und kann keinen einzigen Schlager mitsingen, insofern habe ich da wohl auch einen anderen Anspruch. Aber dennoch: ich würde die Fans gerne mehr das rauslassen sehen, was sie fühlen. Und Vereine, denen diese Fankultur wichtiger ist als jetzt familientaugliches Wochenendentertainment.

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So egal wie früher ist mir Fußball jetzt also nicht mehr. Ich schaue genauer hin, wenn über Spiele berichtet wird und erfreue mich ob der puren Erholung während des Spiels. Es ist eine Welt für sich, allerdings mit geringer Einstiegshürde und globalem Interesse. Ich musste erst etwas älter werden, um diese Form der Unterhaltung für mich als gut zu empfinden. Ich kann jetzt auch die Groundhopper besser verstehen, die einfach guten und vielseitigen Fußball sehen möchten. Wenn das nicht so anstrengend wäre, könnte ich mich vielleicht sogar dafür begeistern.

10 Jahre Frankfurt

Pünktlich zum achtjährigen Blogjubiläum habe ich gemerkt, dass ich jetzt – zusammengerechnet, also mit Unterbrechungen – insgesamt 10 Jahre lang schon in Frankfurt am Main wohne. So lange war ich noch nie an einem Ort sesshaft.

Frankfurt - mein Zuhause

Das sind 10 Jahre, in denen ich nicht nur einen Geschmack für guten Apfelwein oder leckere Grüne Soße entwickelt habe, sondern auch wirklich aktiv an einem Ort angekommen bin. Aktiv im Sinne meiner Mitarbeit bei schönen regionalen Projekten wie Frankfurt Gestalten, dem Webmontag Frankfurt oder der TEDx Rhein-Main und einem immer stärker werdenden Verständnis der gesamten Region und ihrer Menschen.

Dazu gehört nicht nur mein erster Besuch im Fußballstadion (ironischerweise die Eintracht gegen Werder – thx @penn_y_lane!), sondern auch dass ich meine universitären und beruflichen Aktivitäten seinerzeit in Frankfurt gestartet hatte. Für jemanden, der im Ausland aufwächst und als Deutscher das eigene Land immer wieder neu entdecken muss (manchmal würde ich gerne “mit Migrationshintergrund” dazuschreiben), ist Frankfurt am Main eine der besten Städte. Frankfurt ist zentral gelegen, hat einen internationalen Flughafen, man kann auch mal Englisch sprechen, es gibt hier bei all der hessischen Schnotterigkeit viele tolle Menschen mit interessanten Ideen und auch genügend Subkultur, die sich nicht hinter dem ersten Eindruck der Konsumkultur in der Innenstadt verstecken muss. Dies gilt nicht nur für Frankfurt, sondern eigentlich für die gesamte Region des Rhein-Main-Gebiets. Eine ideale Ausgangslage also für Zugewanderte, die sich hier ein Stück Heimat – oder ein Zuhause – aufbauen wollen oder müssen.

Welche Städte kommen denn in Deutschland (für diesen Zwecke) sonst noch in Frage? Hamburg? Berlin? Und: die angesprochene Internationalität Frankfurts würde ich jetzt nicht durch die so oft fotografierten Wolkenkratzer begründen wollen – es sind ja immer die Menschen, die den Unterschied ausmachen. Eine lokale Kultur, die gutes Essen schätzt und Geselligkeit in den Vordergrund stellt, kann doch nicht so verkehrt sein und bietet eine gute Ausgangslage für vieles mehr. Das habe ich woanders auch schon viel schlechter erlebt.

Natürlich habe ich auch Freunde aus dem norddeutschen Raum, die einen Besuch in Frankfurt mit einem “Bäh, furchtbare Stadt!” abtun. Ebenso hat die Stadt wohl nicht so viele historisch interessante Sehenswürdigkeiten zu bieten, wie ich es aus anderen Städten gewöhnt bin. Allerdings: Frankfurt lebt dadurch mehr in der Gegenwart, und das Bild der Stadt ändert sich ständig – ich erinnere nur an den Zustand des Mainufers in den 90er Jahren und wie es heute ausschaut. Ich habe wohl auch noch nie in einer Stadt mit so viel – ich nenne es: – institutionalisierter Kultur gelebt. Wer das Angebot braucht: in Frankfurt gibt es fast alles für ein passives Konsumieren.

Ich bin mir nicht sicher, ob ich noch weitere 10 Jahre in Frankfurt leben werde, oder mein Leben an dieser Stelle nochmal in eine andere Richtung drehen sollte. Arbeitstechnisch hatte ich es mir bisher so eingerichtet, mit Internetanschluss alleine als digitaler Nomade unterwegs sein zu können bzw. nicht auf einen Ort angewiesen zu sein. Reisen bildet und ist wichtig, aber im Idealfall würde ich gerne in einem Generationenhaus vor den Toren der Stadt wohnen, mit Hund und Kombi – wer will das nicht? Für genau diese Ausgangssituation allerdings – diese ständige Bereitschaft zum Verreisen, so wie man es als ATCK gewohnt ist, dafür ist Frankfurt die ideale Ausgangsbasis. Und ich glaube, dass es vielen so ergeht. Mit der Zeit wandeln sich die Reisewünsche immer mehr in Argumente, die eigene Komfortzone nicht verlassen zu müssen. Und spätestens dann ist man in der Stadt angekommen.

noreply@becauseeffyouthatswhy.DE

Im Juli 2013 schrieb ich folgenden Tweet:

…bei dem es um dieses unbeschreiblich dämliche Verhalten vieler – gewinnorientierter – Firmen geht, die bei Neu- und Systemmeldungen ihren Benutzern eine E-Mail mit einem “noreply@” im Absender zukommen lassen.

“Schön dass sie mit uns Geschäfte machen wollen, aber an ihrer Antwort / Meinung / Rückfrage haben wir kein Interesse.” – so, und nur so liest sich so eine noreply@-Adresse für mich.

An diesem Zustand hat sich auch jetzt in 2014 immer noch nicht viel geändert, und ich kann mir einfach nicht erklären, woran das liegt. Die Leute, die das zu verantworten haben – die denken doch auch logisch und müssten doch bei ihrer Systemplanung zumindest einmal an die Kundensicht denken. Oder?

Was ich mir stattdessen wünschen würde:

service@
weloveyou@
wirsindfuersieda@
mueller@
chef@
kontakt@
mail@
schreibensieuns@

usw.. Ist es denn wirklich SO schwer?

Liebe @Postbank

Liebe Postbank,

wir müssen ganz dringend miteinander reden. Ich bin seit 1996 ein sehr zufriedener Kunde und würde die Postbank als Bank auch immer weiterempfehlen. Dass Ihr am vergangenen Wochenende alle EC-Kartenzahlungen (aufgrund von Wartungsarbeiten?) bundesweit doppelt abgebucht habt – kein Problem, passiert jedem Mal.

Dass man als Kunde aber a) nicht proaktiv über diesen Vorgang informiert wird und b) eine öffentliche Stellungsnahme zum Thema NUR auf Eurer Facebook (!!!) Seite zu finden ist, empfinde ich aber als höchst unseriös.

Dass diverse Einkaufszentren und Lovebrands Ihre Kommunikation mittlerweile zu Facebook verlagert haben, kann man sicherlich als notwendiges Übel betrachten. Dass aber eine Bank ihre externe Kommunikation nur über FB und Twitter abwickelt, das kann ich einfach nicht verstehen. Ich kenne diverse Leute, die FB und das ganze Onlinegedöns als höchst unseriös empfinden. Wie wollt Ihr also Eure Kunden erreichen, wenn das – wie in diesem Falle – nur über die Social Media Kanäle FB und Twitter geschieht?

Der große Teil Eurer Privatkunden wird die Fehlbuchung sicherlich nicht so schnell bemerkt haben, und die relativ zeitnahe Rückbuchung wird das Thema wohl bald erledigen. Was ich derzeit vermisse: eine Ankündigung zur doppelten Abbuchung auf Eurer Website. Dort steht aber nichts dazu!

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So geht das nicht. So geht das wirklich nicht. Ihr habt unsere Daten, Ihr kennt meinen Kontostand, Ihr habt quasi die perfekte Ausgangslage für ein Metadatengalore, Ihr habt meine Handynummer und meine E-Mail Adresse – und trotzdem muss ich als Kunde erst beim abbuchenden Unternehmen anrufen (= Arbeit für Euren Fehler), um den Fehler schließlich bei meiner Bank zu finden.

Für die Zukunft würde ich mir eine zeitnahe Ankündigung auf Eurer Website und in Euren Online-Banking Systemen wünschen. Das schafft beim Kunden mehr Vertrauen als sich durch die Kommentare verärgerter Kunden bei FB lesen zu müssen.

(14 Jahre nach dem Cluetrain müssen wir immer noch über so etwas diskutieren? oh my…)

Edit:
Da wir jetzt Eure Aufmerksamkeit haben – könnt Ihr bitte auch sehr bald wieder eine gewisse Grundfunktionalität bei der neuen (verschlimmbesserten) iOS App herstellen? 310 negative Bewertungen sollten ja wohl eine deutliche Sprache sprechen. Wie kann man eine erfolgreiche App nur so gegen die Wand fahren und durch einen Finanzassistenten ersetzen (wollen), der die Grundfunktionalität der abzulösenden App (und damit die Erwartungshaltung der Benutzer) nicht erfüllt?

postbankapp

Update vom 04.12.2013: “Aufgrund eines technischen Fehlers haben wir auf einzelnen Konten Verfügungen (Lastschriften, Barabhebungen und Kartenzahlungen) doppelt abgebucht.”, schreibt mir das Team Nachforschung bei der PB München. Und “Bitte klären Sie die Angelegenheit zum erneuten Lastschrifteinzug mit dem Zahlungsempfänger.” Aus buchhalterischer und rechtlicher Sicht mag das sicherlich der einzig richtige Weg sein, aber jetzt musste ich wieder beim abbuchenden Unternehmen anrufen und einem unverbindlichen Rat der dortigen Buchhaltung folgen – der zweite Widerspruch in Folge also. Ob das mal gut geht…

Tadka mit Frischkäse

Mein derzeitiges Lieblingsrezept ist gar keine richtige Hauptspeise, sondern eher ein kleiner Zusatz für Zwischendurch. Und trotzdem ist es nicht weniger interessant, vor allem für Freunde der indischen Küche: Frischkäse mit Tadka.

Tadka, oder wie es in der englischsprachigen Wikipedia auch als chaunk, chhaunk, chounk, chonk, chhounk, Thaalithal, oggarane, vaghaar zu finden ist, bezeichnet das relativ kurze Anbraten von Gewürzen in heißem Öl. Vielleicht liegt es auch am bekannten südindischen YouTube Koch Sanjay Thumma, der auch immer wieder auf das Tadka zu sprechen kommt:

Für mein Tadka mit Frischkäse (oder Joghurt) nehme ich:

  • eine Handvoll frische und kleingeschnittene Curryblätter, die vorher gewaschen wurden und aufgrund der geringen Haltbarkeit frischer Blätter schon einige Tage in der Tiefkühltruhe lagen. Getrocknete Curryblätter gehen auch, schmecken aber nicht so intensiv.
  • ca. 1-2 EL Kreuzkümmelsamen
  • 1-2 TL Koriandersamen (teilweise im Handmörser zerstoßen)
  • 1-2 TL braune Senfsamen
  • 1-2 frische, grüne Chillischoten (kleingeschnitten)
  • Knoblauch nach Bedarf
  • Ingwer nach Bedarf
  • Öl
  • eine Prise Salz
  • 1 Paket Frischkäse

Das Öl wird in der Pfanne erhitzt, dann die Curryblätter mit den Gewürzen rein und je nach Hitzegrad der Pfanne ca. 1/2 bis 1 Minute alles anbraten. Derweil den Frischkäse in eine Schüssel geben und die angebratene Gewürzmischung mit dem heißen Öl auf den kalten Frischkäse kippen. Das zischt dann erstmal – genauso wie in dem verlinkten Video oben (bei Minute 6:04), bei dem mit der gleichen Methode ein Coconut Chutney gemacht wird. Mit einem Löffel alles glatt verrühren, mit Salz abschmecken, in ein Glas abfüllen und kalt stellen. Fertig!

Tadka mit Frischkäse

Natürlich geht das alles auch ganz wunderbar mit frischem Joghurt und ergibt dann eine leckere Sauce bei gegrillten Fleischgerichten, aber mit Frischkäse ist es nochmal eine Stufe besser. Ideal als Brotaufstrich oder – evtl. mit Joghurt oder Quark gestreckt – als Dipp für frisches Gemüse. Wer mag probieren? :-)

100 years later

I understand that many people do not have the luxury of tracking back their ancestors, and it actually doesn’t matter what or who your ancestors did or were many years ago – only the present and future really matters.

From a historical point of view though, looking back in time often delivers some interesting results. One such surprise is the following story on a building that used to be family property.

The other day, my mum had asked me about driving to a very small village about 50 km south of her place where my great-great-grandfather had owned and run a sanatorium as a medical doctor from 1905 to 1915. One my great-aunts used to tell us stories about this place, and I remember going there on a trip with her sometime back in 1986 or so. Back then, we actually never found the premises, so tracking the whereabouts of this building used to be one of those open questions that needed to be solved one day.

My great-great-grandfather apparently was a strange guy, whose family had immigrated from France Alsace in the 19th century and who had volunteered for World War I in 1914 which eventually led to his death in 1915 at the age of 56. Yes, back then, people still volunteered to die for their motherland.

You can see him in the following picture (standing behind the table) where he and some family members are in the garden of their spacious house in ~1912.

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Auf ein Wort vorm Bildschirm…

Während die freie Welt gerade ihre Grenzen aufgezeigt bekommt und sich digitaler Kanäle zur freien Kommunikation bedient, sitze ich aufm Sofa und blättere in der aktuellen Ausgabe der “Für Sie“. Auf der dritten Seite nach der Werbung stolpere ich im Editorial über folgenden Abschnitt:

wie wollen wir leben

>>…zog es mich in eine Fußball-Kneipe. Der Laden wurde immer voller, und plötzlich saß eine Frau neben mir, die sofort zwei (!) Smartphones aus ihrer Tasche holte. Während ich jedes Tor von Lewandowski mit Jubelschreien feierte, war die Dame in ihre eigene Welt abgetaucht. Eine Minute auf den Fernseher schauen, dann wieder simsen, dann telefonieren (sie verstand kein Wort), so ging das 90 Minuten lang.” (….) Völlig fremdbestimmt von ihren kleinen “Zeitfressern” hatte sie die Zeit vergesssen, den Fußball zu genießen – für den sie ja schließlich in die Kneipe gekommen war. <<

Natürlich könnte ich an dieser Stelle einfach schmunzeln und es wie immer einfach ignorieren. Wer liest schon das Editorial in so einer Wartezimmerzeitschrift, und überhaupt, warhscheinlich denkt die gewönliche Leserzielgruppe ebenso. Aber ich möchte doch gerne folgendes anmerken – zum Internet, unserer Arbeitsweise heutzutage und dem Stellenwert des Ganzen:

1. Im Internet sind wir alle gleich
Diesen schönen Satz las ich neulich so oder so ähnlich in einem Interview mit Raul Krauthausen, der über Menschen mit Behinderungen berichtet. Was so viel heißt wie: Wir können trotz unterschiedlicher Motivation und Vorgeschichte (fast) alle auf einem Level miteinander kommunizieren. Das erinnert natürlich auch stark an das Cluetrain Manifest von 1999, in dem es um das Verhältnis von Unternehmen und ihren Kunden im Zeitalter des Internets geht. Das Internet – und man muss sich das immer wieder vor Augen halten, auch wenn es eigentlich selbsterklärend ist und mittlerweile auch selbstverständlich sein sollte – ermöglicht eine ganz andere Form der Kommunikation, die den körperlichen Bereich ausschließen und sich nur auf die geistige Ebene beschränken kann. Bewegunslos ans Bett gefesselt sein und trotzdem über einen Sprachcomputer oder über Google Glass mit der Welt kommuninizieren zu können – all das ermöglicht das Internet.

2. Onlinekommunikation hat den gleichen Wert wie Offlinekommunikation
Viele meiner Onlinefreunde habe ich noch nie in Person getroffen. Über soziale Netzwerke habe ich guten Kontakt mit Menschen in der ganzen Welt, mit manchen verbinden mich jahrelange Freundschaften und ein richtiges Vertrauen, das sogar soweit geht, dass mir manche Menschen ihre Logindaten geben, damit ich aus der Ferne ihre WordPress Blogs von Malware befreie. Selbstverständlich ist das nicht, aber dennoch wünschenswert und schön.
Ein Kollege arbeitet auch ständig online und hat für das Redesign seiner Websites eine kubanische Designerin beauftragt, die er noch nie persönlich getroffen hat. Die Kommunikation erfolgt seit Jahren nur via Skype und das Ergebnis kann sich trotzdem sehen lassen.
Vor ca. drei Jahren schrieb ich an dieser Stelle schon einmal über diese neue Welt, in der Onlinekommunikation den gleichen Stellenwert hat wie offline. Ich werde aber immer wieder daran erinnert, weil selbst Blogger und andere Onlinearbeiter bei Bloggertreffen wie der re:publica oder BarCamps Wert darauf legen, sich offline zu treffen und ein gemeinsames Bierchen zu heben. Was so viel heißen soll wie: diesen Menschen habe ich real getroffen und kann ihn einordnen. Wahrscheinlich rührt diese Mentalität auch noch aus der Anfangszeit des Internets her, als Rollenspiele und Chats im Vordergrund standen und das Internet eine andere Möglichkeit der anonymen Kommunikation bot. Im Gegenzug könnte ich nämlich die Frage stellen, ob sich durch diese Offline-Bekanntschaft irgendwas am Beziehungsstatus ändern würde? Ist das Arbeitsergebnis einer digital beauftragten Leistung besser, wenn sich Auftragnehmer und Auftraggeber auch offline – also persönlich zum Anfassen – getroffen haben?

3. Sharing is caring
Für manche Menschen ist das Leben vor allem dann schön, wenn man Dinge miteinander teilen kann. Ich bin einer dieser Menschen. Einen Gedanken für mich alleine auszubrüten und diesen ewig mit mir herumzuschleppen – ständig mit der Gefahr, dass man ihn wieder vergessen würde – das wäre ganz schrecklich und sehr unproduktiv. Im Wissensmanagement, wo es auf genau dieses Teilen von Wissen ankommt, geht es oft eher um die passenden Tools, damit Mitarbeiter ihr Fachwissen nachhaltig aufschreiben können – und weniger um den Prozess des Teilens als solches. Und obwohl ich mich als Technikmensch natürlich sehr für Tools begeistern kann, so weiß ich doch auch, dass diese soziale Kompetenz des miteinander Teilens keineswegs selbstverständlich ist und mindestens genauso wichtig ist wie die richtige Software. Diese Kultur des Teilens, das Selbstverständnis zum Miteinander, das mit der modernen Gesellschaftsform immer weiter in den Hintergrund tritt und in der Offlinewelt womöglich auch einen Wettbewerbsvorteil verspricht, darf online nicht genauso vernachlässigt werden. Das Internet mit all seinen vielfältigen Inhalten wäre nicht so selbstverständlich, wenn wir nicht alle ständig hineinschreiben würden. Gute Inhalte würde es sonst nur von Journalisten und professionellen Bloggern geben, automatisierte Inhalte nur von Bots und inhaltslose SEO-Seiten von Content Farms. So ist es nicht verwunderlich (und aus meiner Sicht gut), wenn Vorzeigeblogger wie Sascha Lobo mehr eigene Inhalte im Internet fordern. Dieses ganze Onlinegedöns in den sozialen Netzwerken mit Twitter und Facebook betrachte ich übrigens als einen Teil dessen. Witzigerweise sind es in meinem Freundeskreis gerade die sog. Offliner (also: Online-Dooffinder), die in anderen Kanälen wie WhatsApp jede Befindlichkeitsstörung als Meldung verschicken – gleichzeitig aber Facebook, Google+ und Twitter als Teufelszeug missachten. Hach ja…

Vor diesem Hintergrund also sitze ich auf dem Sofa, lese das Editorial in der Frauenzeitschrift und denke mir nur: was soll das? Was hat aktive Onlinekommunikation mit einem Artikel über “die neue Volkskrankheit Burnout” zu tun, und wieso verbreitet diese Journalistin so eine Offliner-Einstellung?