In Zeiten, in denen es Anderen schlecht geht und persönliches Leid mit solch einer Lethargie etragen wird, einfach deswegen weil es keinen anderen Weg gibt – in diesen Zeiten muss man das Leben so genießen wie es kommt.
Und nichts mag da sympathischer daherkommen als mein österreichischer Vermieter, der mich spontan um 12 Uhr nachts noch auf einen schönen französischen Cognac Fine, mit Poire (~ Williams Birne) verfeinert, einlädt. Ein schöner, 30jähriger Cognac, der so richtig mild und ölig, aber auch sehr süß im Mund zergeht und ich mir im Kopf schon ein Rezept ausmale, wo er auf einem schönen Flan Pudding und mit einem Hauch von guter Schokolade, die Spitze des Genusses andeutet.
Essen ist hierzulande viel zu unterbewertet, und gutes Essen sowieso. Selbst in Kenia, wo meiner Meinung nach ein Paradoxon in Sachen “einheimischer Küche” herrscht, werden die wenigen bekannten Gerichte mit Liebe zubereitet. Es mag vielleicht auch ein bißchen seltsam klingen, aber meine größte Verwunderung nach all den Jahren in Kenia und den Erfahrungen dort, habe ich mich letztes Jahr (wieder) vor allem über die beschränkte Auswahl an Gerichten gewundert. Und das obwohl es in Kenia so eine reichhaltige Landwirtschaft gibt, die nach guten Maßstäben produziert! Allein der Unterschied zwischen der reichhaltigen Küche der Swahili Kultur an der Küste und der GEMA (Gikuyu Embu Meru..) Fraktion im Landesinneren verwundert mich immer noch bis heute. Als ich letztes Jahr in Embu war, hatte ich darüber ja mehrfach gebloggt und mich ausgelassen, wieso auf der einen Seite dieses “Stadtleben” in so vielen Varianten kopiert wird, auf der anderen Seite aber beim Essen die Standardgerichte bevorzugt werden. Dies ist auch keine Frage des Einkommens oder des Wohnortes, sondern der Einstellung und der Bereitschaft, gutes Essen als Genuss zu sehen.
Allein – es besteht keine Nachfrage. Noch nicht.
Zum Cognac gab es übrigens noch schönen Tafelspitz aus ganz zartem Rindfleisch und großen Gemüsestücken.
Eine Konditorei in Nairobi mit gutem, richtig gutem Kuchen und feinem Café – wäre das keine gute Geschäftsidee? Wer Nairobi kennt, wird dies nur bestätigen wollen – siehe Java House & Co..
Bei all der Trauer um die “post election violence” und einer fraglichen Entwicklung, die vielleicht aus europäischer Sicht immer mehr in Richtung des widerstandslosen Chinas abwandert, darf man nicht vergessen, dass Kenia in diesen Tagen das nachholt, was zum Wohle des “Fortschritts” in über 40 Jahren kenianischer Republik unter den Teppich gekehrt oder nur für Wahlkampfzwecke missbraucht wurde: die Auseinandersetzung mit der eigenen Identität in einer neuen Weltordnung. Vom Konflikt betroffen sind aber die richtig Armen – und das ist genau der Knackpunkt: die Menschen werden für Ideologien missbraucht, die in der heutigen Welt nicht mehr Bestand haben.
Ich wünsche mir für Kenia ein friedliches Miteinander, in dem diese Euphorie des Vorwahlkampfes (“auch Deine Stimme zählt”) den Ruck in die Gesellschaft bringt, den man für positive Veränderungen braucht. Von einer Regierung, und das hat wohl jetzt jeder verstanden, kann man bestenfalls nur das Abstecken legislativer Rahmenbedingungen erwarten.
Ach, und besseren Kuchen in Nairobi – den wünsche ich mir auch! :-)