Mein alter Schul- und Bloggerfreund Cedric Weber hat sich in den letzten Weihnachtsferien seinen Brck in der Brck-Zentrale in Nairobi (Kenia) abgeholt. Und ich darf den jetzt endlich testen. Yay!
Tag: Afrika
Dein Tag für Afrika
Heute mittag trudelte der IKEA Newsletter ein, bei dem ich auf folgende Aktion stoß:
Aktion Tagwerk. Nette Website, interessanter Wikipediaartikel dazu.
Für Bildungsprojekte bin ich immer zu haben, auf meinem Webspace läuft auch das The Nest Home Blog, ein Kinderheim außerhalb Nairobis, das sich (vor allem) um die Kinder inhaftierter Mütter kümmert.
Insofern dürfte ich mich eigentlich nur freuen, denn (christliche) Nächstenliebe ist immer gut & ganz weit oben auf meiner Werteskala.
Dennoch – und das schreibe ich jetzt nicht, weil ich in typisch deutscher Art erstmal alles schlecht machen möchte: wieso ausgerechnet Afrika?
Wieso wird immer nur Afrika als Synonym für Armut und Elend verwendet? Was ist mit Kindern deutscher HartzIV Empfänger? Geht es denen nicht auch schlecht? Wer kümmert sich um deren Bildung?
Klar, weil es in “Afrika” oft keine richtige Berufsausbildung gibt, Universitätsausbildungen teuer sind und/oder nur den gleichen, praxisfernen Frontalunterricht bieten, wie wir ihn schon von den oft schlechten Schulen kennen. Ist ja auch ein kulturelles Problem in einer Gesellschaft, in der es wenige Widerworte gegenüber den Älteren gibt.
Hilfe zur Selbsthilfe, Hilfe zu einer besseren Bildung – sofern überhaupt erwünscht – finde ich gut und beachtenswert.
Hilfe ja, Generalisierung nein.
Was mich stört: dass dort Afrika steht. Wieso diese Verallgemeinerung?
1. Der afrikanische Kontinent ist bisweilen vielseitiger als Europa. Wer das nicht glaubt und nur nach dem Armutsgefälle urteilt, hat “Afrika” noch nicht richtig erlebt.
2. Welchen Einfluss auf das öffentliche Bild “Afrikas” hat so eine Aktion?
3. Es ist ja nicht das erste Mal, dass “Afrika” als Synonym bzw. Platzhalter für Spendenaktionen verwendet wird. Ein Beispiel wären Wasserprojekte, wie ich sie in der Vergangenheit schon kritisiert habe und die meiner Meinung nach falsch sind. Es ist eigentlich eine ganze Industrie, die dahinter steckt. Menschen, die viel ehrenamtlich helfen, und andere, die damit ihr Einkommen haben.
Ein ganz krasses und aktuelles Beispiel ist das von TMS Ruge auf projectdiaspora.org dokumentierte #1millionshirts Dilemma, wo ein unwissender T-Shirt Vermarkter aus den USA über Videos dazu auffordern wollte, dass man seine alten T-Shirts zusammensucht und mit nem Dollar als Transportgebührenspende zu ihm schickt. Wollte er dann als Container nach Afrika schicken. Zeitlich passt das gerade gut, denn gegen Ende April werden die Steuererklärungen eingereicht, und so eine nette Spende läßt sich immer gut mit der Steuer verrechnen. Leider hatte der gute Mann nicht bedacht, dass es in vielen afrikanischen Ländern eine Textilindustrie gibt, die eh schon stark mit importierten Kleiderspenden konkurriert (welche übrigens fast immer verkauft werden – nix kostenlos wie bei uns in der Kleiderkammer..).
4. Aus unserer, europäischen Sicht mag an der Begrifflichkeit “Afrika” kein richtiges Problem aufkommen, aber bei so einer Verallgemeinerung müssen wir uns dann auch nicht wundern, wenn wir vor den Toren Europas afrikanische Wirtschaftsflüchtlinge haben, die dann in der Hoffnung auf ein besseres Leben im Niedriglohnsektor anschaffen und “Europa” als Land der Möglichkeiten wahrnehmen.
Kurz: ich habe ein richtiges Problem damit, wenn bei so einer Aktion von “Afrika” gesprochen wird. Und dabei betreibe ich selber ein Twitterkonto mit dem Namen @afritwit und blogge bei AfriGadget.com, wo wir auch von “Afrika” sprechen (wohlweislich, dass man mit English als Blogsprache nicht mal die Hälfte erreicht und überhaupt…). Die Toastscheibe mit den Formen Afrikas ist natürlich schon ein guter Teaser, auch wenn thematisch falsch (es geht ja um Bildung, nicht um Ernährung).
Gibt es da keine bessere – all inclusive – Vermarktungsstrategie als das Wort “Afrika”? Bei AfriGadget ist das Wort zumindest positiv besetzt (“Solving everyday problems with African ingenuity”). So etwas – eine positive Botschaft – würde ich mir auch für solche Spendenaktionen wünschen. Damit “Afrika” nicht nur als bemitleidenswertes Hilfsprojekt wahrgenommen wird.