Auslöser für diesen Blogpost ist ein missglückter Kommentarversuch beim Blogger Beve, der kurz seine Emotionen zum Thema Eintracht und DFB-Pokalsieg aufgeschrieben hatte. Blogger ist eigentlich eine Untertreibung, denn Beve ist unter anderem Chronist und schreibt auch für das Eintracht Frankfurt Museum. Die Beiträge auf seinem Blog sind nicht nur für Fußballfreunde eine Freude, und ich kann das so deutlich sagen, weil ich ja bis vor einiger Zeit mit dem Fußball selber noch nicht so viel anfangen konnte.
Zum Fußball kam ich via Simone, ich schrieb es vor vier Jahren hier auf, seinerzeit das Spiel Eintracht Frankfurter vs. Werder Bremen. Der Rest meiner Familie wohnt in Bremen, meine Nichten gehen öfter zu Werder ins Weserstadion. Ich selber habe dort mal 7 Jahre lang gewohnt, mittlerweile wohne ich zusammengerechnet seit 14 Jahren in Frankfurt. Dieses letzte Wochenende hat die Eintracht Frankfurt nach 30 Jahren endlich wieder den DFB-Pokal gewonnen, was für sich schon mal wunderbar ist und der Seele der Stadt sehr gut tut. Dann erfolgte das aber auch noch wohlverdient durch ein – im Vergleich zum Gegner – schönes Spiel mit viel Druck. Als i-Tüpfelchen erfolgte der Sieg auch noch gegen das Team von Bayern München, die erfolgsverwöhnt mit dieser neuen Situation als “nur 2. Platz” (was ja auch schon gut ist) überhaupt nicht zurechtkamen. Die Eintracht also mit ihren Fans in der Kurve im Stadion in Berlin komplett in weiß gehüllt und alle in Ekstase, weil irgendwie niemand mit dem Erfolg gerechnet hatte und das auch endlich wieder mal so ein Sieg war, der sich wie Weihnachten anfühlte. Ausgleich für Fußballdeutschland auf der einen Ebene, und Ausgleich für das Wohlbefinden der Eintracht auf einer anderen Ebene.
Ich schreibe das hier auf, weil ich jetzt irgendwie in all den Jahren immer dachte, dass ich eigentlich wenn dann eher Werder-Fan sei, weil Heimat und so, aber Bremen war immer nur so viel Heimat wie Hamburg, Nairobi, Tokyo, Düsseldorf oder Frankfurt (~Migrationshintergrund) und außerdem ist es ganz egal, welchem Verein man die ewige Treue schwört, weil es doch eigentlich wie mit der ersten großen Liebe ist, unter der man so richtig leidet und dann auch alles andere versteht. Das sucht man sich auch nicht aus, sondern es ereilt Dich irgendwann einfach und dann erwischt Du Dich dabei, wie Du morgens im Bett noch Fußballnews liest und Tore in der Zeitlupenwiederholung anschaust oder einfach nur zufrieden und glücklich bist, weil es Deinem Team gut geht. Später schaust Du dann bei Transfermarkt nach ehemaligen Spielern, landest wieder beim Beve im Blog und liest einen interessanten Beitrag über den Frankfurter Fußball der 1970er Jahre, worauf sich dann wieder Simone meldet und sagt, dass der eine Spieler in dem Artikel früher der Zahnarzt ihres Vaters gewesen sei. Auch die vernebelnde Pyrotechnik siehst Du auf einmal mit anderen Augen, also nicht nur als dämlichen Akt, sondern auch als eine Art Zeichen wie so viele andere Dinge, die im Fußball so einen Symbolcharakter haben und daher zur Anwendung kommen. Überhaupt, Symbole im Fußball sind eine Wissenschaft für sich und haben mich bisher eher immer davon abgehalten. Brauche ich auch nicht so, verstehe ich jetzt aber besser, weil eben Ausdrucksmittel im eh schon passiven Zuschauerdasein.
Es sind diese Emotionen. Wo man beim Lesen diverser Fußball-Spielberichte feuchte Augen bekommt (hey, die schreiben über ein paar gut bezahlte Jungs, die einem Ball hinterher rennen) und das alles so viel mehr ist als nur der Sport. Im Grunde könnten die auch Hockey spielen oder Curling, ganz egal, aber mit Fußball können halt viele etwas anfangen und so ist dann der Fußball und irgendwann macht es *Klick* und Du bist dieser Emotion erlegen. Und genau das ist jetzt bei der Eintracht und mir so eingetreten. Bisher allerdings auf einem Level, bei dem ich das alles noch ausblenden kann und es eher wie so einen heißen Flirt betrachte, deren Nummer man bekommen hat und sich für einen schönen Rückruf aufhebt.
Bei Werder hatte ich diese Emotionen noch nicht so wie bei der Eintracht. Vielleicht wäre es vor Ort anders und ich würde wieder mehr für Werder Bremen empfinden können. Derzeit sind es aber eher die lokalen Fußballvereine. Und ich frage mich da auch jedes Mal, wie es den anderen zugezogenen Frankfurtern geht. Dirk zum Beispiel mit seinem FC Köln. Und ob die ansässigen Frankfurter es verstehen können, wenn einem da bei Spielen wie dem o.g. SGE vs. SWV zwei Herzen in der Brust schlagen und es alles nur positiv ist (oder wie ich mal mit Simone in der St. Tropez Bar im Frankfurter Bhfsvrtl stand, wir wieder Werder vs. Eintracht schauten und ich mir wie so ein Spion vorkam, aber mich dann auch über die Eintracht freute).
Natürlich bin ich jetzt auf die nächste Saison gespannt und freue mich auch schon auf das neue Image des FSV. Ich wohne hier im Riederwald, quasi zwischen dem FSV- und dem Riederwaldstadion und habe für beide Frankfurter Vereine ein offenes Herz. Letztens hat die Franzi bei Facebook einen Artikel über den Überlebenskampf des FSV geteilt, zu dem ich dann doch mal meinen Senf schreiben musste, weil ich immer finde, dass sich der FSV viel zu schlecht verkauft. Dass er sein Image nicht pflegt und die richtig geil abgehen könnten, also so als Frankfurter Verein mit langer Geschichte, auch bei den Eintracht-Fans. Beve und Simone hatten mir beide unabhängig voneinander von ihrer FSV-Geschichte erzählt und welche Bedeutung der früher hatte. Der FSV ist in meinen Augen eine richtig starke Nummer. Fußballseitig vielleicht derzeit nicht, aber das Potential für geileres Marketing ist auf jeden Fall vorhanden. Marketing im Sinne von: Hat eine eigene, erzählenswerte Geschichte, und das ist mir in einer Stadt wie Frankfurt so wichtig, weil die Stadt so sehr in der Gegenwart lebt und so wenig nach hinten schaut. Anders als andere Städte, die sich auf dem ausruhen was sie einmal waren. Und damit meine ich jetzt nicht den besungenen Pokalsieg oder das Traumtor von Jürgen Grabowski bei der Eintracht. Nein, viel mehr als das. Frankfurt hat auch Geschichte, und der FSV eben auch.
Jetzt, wo ich das mit den Emotionen und der Leidenschaft für einen Verein so halbwegs beginne zu verstehe – dass man ihn sich also nicht aussucht, sondern die Emotionen für einen Verein einfach so entstehen und Dich dann mitreißen – da ist es mit dem FSV natürlich so eine Sache und lässt sich vielleicht doch nicht so pauschal vermarkten wie ich das in meinem Kommentar bei Franzi mit St.Pauli verglichen hatte. Aber dennoch würde ich als FSV viel mehr auf diese Underdog-Rolle setzen und so hoffe ich, dass die Eintracht-Fans – jetzt, wo sie nicht mehr so sehr an der Eintracht hadern müssen – auch wieder an den Bornheimer Hang kommen und Leben in die Bude bringen. Der Fußball dort wird dadurch vielleicht nicht besser, und die Pommes im Stadion sind auch eher mau, aber dafür ist das dort noch alles hautnaher und für diese reinen Fußballemotionen (inklusive Fußball-Tourette) ist es auf jeden Fall günstiger als ein Spiel bei der Eintracht.