Die goldene Phase

Über meine gemalten Bilder schrieb ich hier zuletzt im Juli und August 2020. Jetzt in 2024 sind es ein paar mehr geworden, und ich möchte hier eine Auswahl vorstellen.

Beim Auftragen des Goldes

Anfangs hatte ich noch mehr mit Eitempera gemalt und diese Mischung mit feinen Farbpigmenten vermischt. Mittlerweile sind es immer noch diese Pigmente, aber ich mische sie jetzt lieber mit dem Acryl-Binder matt von Boesner. Manchmal mische ich auch noch Acrylfarbe rein.

Die Farben werden immer frisch angemischt.

Die Farbpigmente sind mir extrem wichtig, weil sie einerseits ein Layering erlauben (viele Farbschichten übereinander, die das Licht anders reflektieren) und andererseits nicht so endgültig sind wie fertige Acryl- oder Ölfarbe.

Die Farbpigmente kaufe ich größtenteils bei Boesner, aber ich habe auch schon Kohle und Koralle zu Pulver zermahlen, um damit Bilder zu bemalen. Wie im Artikel ausm August 2020 erwähnt, gibt es Farbpigmente, die ganz wunderbar wasserlöslich sind, und andere, die so hydrophob sind, dass man sie Wochen später noch trocken aus der angemischten Farbe pusten kann.

Daher: Mit Farbpigmenten zu malen und sie vor jedem Auftrag individuell anzumischen ist eine komplett andere Vorgehensweise als fertige Farbe aus der Tube zu verwenden. Der Weg ist auch etwas das Ziel, denn das Bild entsteht mit den Farbpigmenten beim Malen, nicht vorher schon im Kopf und mit vorgefertigter Farbe. Für den Hintergrund, für die Grundierung darf es dann manchmal doch schon die Acrylfarbe mit sehr viel Wasser sein.

Die Farben werden in mehreren Schichten aufgetragen.

Für das Gold nutze ich vor allem Goldfolie aus China, die gibt es in 100er Paketen in verschiedenen Größen. Statt der Anlegemilch zum Ankleben der Goldfolie verwende ich oft auch eine andere Mischung, oder verdünne die Anlegemilch stark mit Wasser.

Eigentlich würde ich auch noch gerne Knochenleim verwenden und die Pigemente damit auftragen, aber gewöhnlicher, mit Wasser verdünnter Holzleim tut es eigentlich auch und ist auch veganer als ein weiteres tierisches Produkt.

Ein fertiges Bild beim Finalisieren.

Am Ende finalisiere ich die Bilder auch noch mit einem glänzenden Acryllack. Womit ich zum Hauptproblem komme: Wann ist ein Bild wirklich fertig? Wann muss man aufhören mit dem Weitermalen? Wann fühlt man das Ende? Meistens merkt man das erst erst dann, wenn es schon zu spät ist.

Nihonga, die japanische Malerei, bei der vor allem langsam gemalt wird: Auch das ist hier der Maßstab. Die Bilder langsam entstehen zu lassen. Sich Zeit zu nehmen und auch mal unvollendete Zustände akzeptieren zu können.

Ein unvollendetes Bild über dem Bett.

Ein aktuelles Beispiel ist das Bild über dem Bett, bei dem ich Goldfolie auf einen Hintergrund aufgetragen hatte. Der Hintergrund war erst Blau, dann wurde er dunkelbraunrot, darauf dann die Goldfolie in mehreren Schichten. Und dieses Bild ist eigentlich noch nicht fertig. ABER! Wie male ich es jetzt weiter? Wie kann ich es behutsam verändern, damit es die Veränderung erfährt, die ich gerne an dieser Stelle wie beim unten gezeigten (zu kleinen) Vorgängerbild bereits habe?

Der Hund weiß es auch nicht.

Irgendwie muss ich mich “trauen”, es mit Rot und Weiß wie im oben gezeigten Ausdruck zu verschönern. Das soll aber ganz behutsam geschehen.

Oftmals male ich dann verschiedene Farben auf diese Goldfolie und wische am Ende alles wieder weg, weil es mir nicht gefällt oder zu intensiv ist. Wenn ich es wegwische, sieht es dann oft so aus wie auf dem kleineren Gemälde in der Bildmitte, auf dem man einen leichten Grauschleier erkennen kann. Je nach Lichteinfall variert die Reflektion dann auch, was es wieder interessant macht. Aber ist das Bild dadurch schon final?

Das Bild in der Mitte hinter dem kleinen Gitarrenverstärker

In seltenen Fällen lasse ich die Verschlimmbesserung auch zu und male dann figurativ das was mir in den Sinn kommt. In diesem Fall etwas, das ich mit einem Drachen beschreiben würde:

Was ist das bidde?

Dieses Gemälde ist so sonderbar, dass ich es auf jeden Fall so belassen wollte. Würde ich es mir aufhängen? Wohl eher nicht. Es verängstigt mich etwas, so wie damals ein Bild von Picasso, das während der Kindheit im Sommerhaus in Akiya im Treppenhaus hing. Ein weiterer Grund, es nicht weiter anzufassen und zur Sammlung der weiteren Zufälle zu stellen.

Die Ecke mit den Zufällen

In dieser Ecke mit den Zufällen und “wohin damit”-Bildern haben sich diverse Dinger angesammelt, die immer wieder mal den Platz wechseln:

Wohin damit?
Was ist das?

Versuche, nichts weiter als Versuche.

Auch so ein bunter Haufen

Aus der Anfangszeit 2020/21 gibt es auch noch mehrere Bilder, die ich heute so nicht mehr malen würde, aber die zur eigenen Entwicklung dazugehören und der Vollständigkeit halber dokumentiert werden sollen:

Bei den Kochbüchern steht es richtig.
Wohin damit? Ins  Bücherregal!
Dieses Bild finde ich sogar sehr gut.

Hier hatte ich keine Goldfolie verwendet, sondern Goldpulver. Und das Zeug ist so penetrant, damit malt man nochmal auf einer anderen Ebene. Man muss das wollen, und die Farbe vielleicht auch anders dosieren. Vielleicht etwas feiner malen. Figurative Malerei klappt damit sicherlich besser als die Erzeugung abstrakter Kunst, weil die Kontrolle der Farbe mit einem Ziel einhergeht.

Dieses hier mag ich auch, aber es ist zu klein. Ich nenne es “England” (wegen der Form).
Zu viel Farbe.
Mit Klarlack finalisiert, weil ich am Ende angekommen war. Mir ist es aber dennoch etwas zu langweilig.

Die kleinen Bilder entstehen oft so nebenbei, sie sind mir eigentlich zu klein, und dann weiß ich nicht wohin damit und stelle sie ins Bücherregal oder auf das Tansu hinter den Buddha.

Drei Bilder an der Wand.

Dieses Bild hatte ich beispielsweise für meine Mutter gemalt, damit sie es in ihrer (ebenfalls vollgestellten) Wohnung im Bücherregal platzieren kann. Am Ende fand ich es dann aber so gut, dass ich es selber behalten habe.

Gold auf Karton.

Überhaupt: Selbstgemalte Bilder bei sich selber aufzuhängen empfinde ich einerseits als etwas arrogant, weil man sich darin so selber abfeiert (wie diese Leute heutzutage, die Fotos von sich selber aufhängen, was ich sehr befremdlich finde). Aber auf der anderen Seite sind es die eigenen Werke, die man aus einer inneren Notwendigkeit heraus geschaffen hatte und die wie Kinder sind. Sie zu verkaufen bzw. wegzugeben fühlt sich oft nicht gut an. Dennoch: Man benötigt den Platz und ich freue mich auch sehr, wenn sie andere Menschen beglücken. Daher übrigens auch dieser Blogpost, um mal den aktuellen Stand festzuhalten.

Und dann dieses Bild, das ich ein Jahr lang herumstehen hatte, weil ich ständig dachte, dass es noch nicht fertig sei. Irgendwann dann die Erkenntnis aber, dass es doch fertig ist und über dem Esstisch hängen sollte. Und ich könnte nicht glücklicher über die Entscheidung sein.

Esszimmerbild

Der türkisfarbene Bereich oben links ist nicht etwa ein Schatten, sondern die Folge eine dieser Wischaktionen, bei denen ich Farbe entfernen wollte und mir dann nicht sicher war. Ist es wirklich fertig? Ich weiß es nicht. Ich weiß allerdings auch nicht, wie ich es verändern würde, damit es noch interessanter wird.


Im Januar 2024 bezog ich ein Büro in einer alten Villa am Frankfurter Mainufer, in der eine ca. 4 x 7m große, weiße Wand direkt dazu einlud, dass ich dort Bilder aufhänge. Mein Vorgänger hatte dort einen kleinen, einfarbigen Monatskalender hängen, was ich als stilistische Sünde empfand und das schleunigst ändern wollte. Also malte ich ein Bild in der Größe 80 x 60 cm und hing es ins Büro. Der Kollege fand es gut, der Hund hat sein Körbchen direkt darunter, ich erfreute mich an diesem Bild und ließ es ein paar Wochen so:

Das Bild vor dem Fenster; man erkennt die transparenten Bereiche. Eigentlich bräuchten alle Bilder noch eine zusätzliche Lichtquelle von hinten.
Das Licht kommt links von der Seite.

Dazu muss ich natürlich ergänzen, dass ich direkt am Fenster sitze und am Abend immer die Sonne reinscheint. Die Reflektion des Lichts auf der Goldfolie ist genau DER Grund, wieso ich diese Bilder male. Wenn ich dann diese Reflektionen sehe und die Schatten, die das Licht wirft, dann ist das alles was ich mit diesen Bildern jemals erreichen wollte.

Das Licht um 17 Uhr.

Natürlich blieb es nicht bei einem Bild, es folgen noch zwei weitere und dann ein paar Wochen später Nr 4 und 5.

Derzeit sind es 5 Bilder nebeneinander.

In der gleichen Serie entstanden dann auch die weiteren drei Bilder:

Dieses hier entstand, weil ich diese quadratische Leinwand jahrelang über dem Esstisch hängen hatte (die ehemalige Mitbewohnerin hatte es aus einem Schülerkunstprojekt mitgebracht) und die Leinwand dann übermalt werden durfte.
Macht sich gut über dem Klavier.
Dieses hier ist beim Lesen des Buches “Tod oder lebendig” von Ariana Zustra entstanden und heißt deswegen “Zustra”.  Is einfach so.

Wenn man dann fertig ist, entdeckt man viele Kleinigkeiten wie diese Silhouette, die mich an die berühmte Tanzszene aus Pulp Fiction erinnert:

“Mia Wallace & Vincent Vega”

Am Ende des Malabends versuche ich dann immer noch die restliche Farbe zu vermalen und dann kommen da so Gebilde heraus wie “der Wutz”:

“Der Wutz”
…oder dieser namenslose Pinguin.
NOCH ein Pinguin!
Und diese schrägen Vögel.

Wenn ich aber die Wahl hätte und mich von allen Bildern für ein einziges Bild entscheiden müsste, dann wäre es das Bild “der Unbekannten”, das ich mehrmals übermalt und verschlimmbessert hatte. Und jetzt habe ich es so sehr lieb, dass ich seit seiner Erstellung den passenden Platz dafür suche:

Meine Unbekannte

Was Max Beckmanns “Unbekannte” aka “Die Ägypterin” von 1942 war, die ihm im Traum erschien und zu einem “weiblichen Kopf in Blau und Grau” motivierte, ist für mich dieses Bild, das ich in 2020 mit Pigmenten und Eitempera auf weißen Karton gemalt hatte. Und auch hier wirkt es je nach Lichteinfall anders. Die Person hatte erst lange Haare, das rieb ich dann später weg und schuf diese Kurzhaarvariante. Eine Tänzerin aus den 1920er/30er Jahren vielleicht. Jedenfalls: Ich liebe sie. Ich liebe dieses Bild und würde mich niemals davon trennen.

Und genau darum geht es mir beim Malen: Dinge erschaffen, die von ganz innen kommen, am Anfang nicht geplant waren und dann am Ende das Herz erreichen, so wie es sonst wenige andere Dinge im Leben vermögen.

Stay tuned for more!

Author: jke

Hi, I am an engineer who freelances in water & sanitation-related IT projects at Saniblog.org. You'll also find me on Twitter @jke and Instagram.

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *