Anmerkungen zum Fall Goodmountain

Bevor der Fall Guttenberg im kollektiven Bewusstsein verschwindet, möchte ich auch noch kurz meinen digitalen Senf zur Diskussion hinzufügen und dabei zwei Umstände nennen, die mir bei all den Beiträgen unterm Strich interessant erscheinen:

1. “Der Aufstand der akademischen Klasse wird für Guttenberg zur Gefahr”, hieß es Anfang der Woche von Franz Walter, Politikwissenschaftler an der Uni Göttingen, in diesem trefflich beschriebenen SPON Kommentar.

“Aber seinen Stuhl und Posten wird der fränkische Edelmann womöglich am Ende deshalb räumen müssen, weil er die meritokratischen Ansprüche und Stellungen des hiesigen Bildungsbürgertums elementar gefährdet.”

Gutti ist bisher mit allem durchgekommen, aber erst durch die sich androhende Verwässerung der deutschen Promotion ist die sonst so ausgeglichene akademische Welt auf die Barikaden gegangen und konnte sich erfolgreich durchsetzen. Erst als es um ihre eigenen Werte ging, um die Abschwächung der eigenen Leistungen kam die für einen Protest kritische Masse zu Stande.

Gerade hinsichtlich der Frage “womit können wir unsere Mitbürger erreichen?” finde ich dieses Ergebnis sehr interessant.

2. Die immer noch andauernde Popularität zu Guttenbergs ist sicherlich nicht nur der Medienpräsenz oder seiner Arbeit zu verdanken, sondern vor allem den fehlenden Alternativen, die sich ähnlich gut verkaufen können.

Ein ewig grinsender Ministerpräsident Bayerns – geschenkt. Eine Horde vollkommen glanzloser Beamter in Berlin – geschenkt. Eine in der DDR und post-DDR sozialisierte Kanzlerin – geschenkt. Ein unmöglicher Aussenminister – geschenkt. Eine noch unsympathischere Ministerin für Arbeit und Soziales – geschenkt.

Nein, nicht die Regierung, nicht das Bundeskabinett trägt hier die Mitschuld, sondern auch die so schwache Opposition.

SPD? Grüne? Linke?

Sicherlich ist die Politik ein gnadenloses Geschäft mit einem großen Maß an Rhetorik, aber wer nur solche Personalien in der Führungsetage anzubieten hat, darf sich meiner Meinung nach nicht über die große Beliebtheit zu Guttenbergs wundern.

Ich finde es geradezu erstaunlich, wie sich bei Diskussionen mit alt und jung, von arm bis reich, von links nach rechts immer wieder herausstellt, wie beliebt dieser zu Guttenberg bei den Wählern “doch eigentlich” ist. Und wie gleichzeitig über die “unmöglichen” Kandidaten aus der Opposition gelästert wird. Insofern wundert es mich überhaupt nicht, dass der zu Guttenberg so weit kommen konnte.

Allein, es gibt viele andere – gute – Kandidaten mit ähnlichen Qualifikationen (Fremdsprachenkenntnisse, small talk Fähigkeit), und so wird es meiner Meinung nach (vielleicht ähnlich wie bei Obama seinerzeit mit seiner social media campaign) zukünftig vermehrt zu solchen Kandidaten kommen, die diesen vom Ehepaar zu Guttenberg vorgelebten Glamour für sich übernehmen und ausnutzen wollen.

(filed under: politics – obwohl es hier überhaupt nicht um politische Inhalte geht)

Author: jke

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