Vor einigen Jahren fand sich eine Einkaufstasche von Alnatura in diesem Haushalt ein (siehe unten). Eine von diesen Taschen mit nur einem Gurt, die man sich entweder über die Schulter oder quer über den Körper hängen kann. Ich mag das Design und die praktische Stabilität dieser festen Tasche gegenüber den sonst üblichen Stoffbeuteln. An den meisten Stoffbeuteln stört mich nämlich auch, dass sie viel zu kurze Riemen haben und sie dadurch bei größeren Menschen (wie ich es bin) nicht unter der Schulter getragen werden können.
In Kenia hatte ich mal als Jugendlicher bei Atul’s Shop in der Biashara Street einen Boxsack in Auftrag gegeben. Unwissend, dass diese Säcke eigentlich eher schmal sind und nicht unbedingt mit einer Decke gefüllt werden sollen, hob ich bei der Frage nach dem Durchmesser meine beiden Arme, bildete einen Kreis und das wurde dann als Maßstab genommen. Als Stoff verwendete ich den in Kenia üblichen grünen Canvas-Stoff*, der dort vor allem für Safari-Zelte, Klappstühle und Autositz-Schonbezüge verwendet wird. “Atul’s” ist ein Geschäft, das vor allem für diese Sonderanfertigungen sowie Kikois und Kangas bekannt ist. Zu dem in Kenia allgegenwärtigen Stoff habe ich daher eine besondere Beziehung, er verfolgt und begleitet mich seitdem – und das immerhin schon fast 30 Jahre lang.
Den Boxsack bekam ich also damals angefertigt und versuchte ihn zu füllen, er war natürlich viel zu groß dimensioniert und so bewahrte ich ihn jahrelang auf, bis bei mir diese Nähphase anfing und ich Dinge aus dem Stoff nähen wollte. In der Anfangsphase waren das nur Reparaturen der durchgescheuerten Sitzbezüge der Safaristühle, später kamen kleine Geldbörsen hinzu. Oft verwendete ich ihn auch nur als Trägermaterial für den blauen Brokatstoff, einem alten Ballkleid meiner Hamburger Oma. Mein derzeitiges Kartenetui / Portemonnaie besteht aus genau diesem grünen Stoff – dem alten Boxsack – und ist seit Jahren treu im Einsatz.
Der erste Anlauf
Den Alnatura-Beutel fand ich also gut, wollte ihn aber in meiner Version haben und das heißt bei mir: Aus eben diesem grünen Canvas-Stoff. Gedacht, getan. Die günstige W6-Nähmaschine (ich habe die N 1800) eingeschaltet und praktisch wenig Erfahrung mit dem Nähen an der Nähmaschine, aber man wächst ja mit den Aufgaben und es gibt diverse YouTube-Videos, in denen sogar der Verkäufer höchstpersönlich eine erste Einweisung in die Bedienung der Maschine vermittelt. Die Nähmaschine war eine sinnvolle Investition in diesem Haushalt und kommt seitdem übrigens regelmäßig zum Einsatz.
Diesen Beutel habe ich dann tatsächlich drei Jahre lang zum Einkaufen verwendet, er ist immer noch gut erhalten und kann vor allem praktisch zusammengerollt werden.
Der zweite Anlauf
Der starre (inzwischen verstärkte) Riemen ist für mich aber noch nicht optimal, also überlegte ich mir eine weitere Version mit verstellbarem, drehbarem Gurt, so dass die Tasche besser am Körper anliegt. Das ist nämlich auch der Hauptvorteil dieser Konstruktion: Im leeren Zustand schmiegt sich die Tasche der Körperseite an (über der Schulter oder quer über den Körper getragen), im vollen Zustand steht er trotzdem nicht ab. Ich liebe diesen Beutel wirklich sehr und nutze ihn immer wieder gerne zum Einkaufen. Habe ihn jetzt ca. 2 Jahre im Einsatz und kann diese Bauweise nur sehr empfehlen.
Auf dem letzten Bild hier auch etwas erkennbar, dass ich bei dieser Version die seitlichen Riemen etwas tiefer angesetzt hatte. Das hat den Vorteil, dass der obere Rand etwas umknicken und den Tascheninhalt vor Regen schützen kann. Sozusagen ein Klapprand, der durch die Belastung an der Seite erzeugt wird. In dieser zweiten Version auch ohne eckigen Boden. Es passt trotzdem sehr viel rein. UND! Diese Tasche kann man quer auch bequem auf dem Fahrrad tragen. Der gutmütig fallende, stabile Canvas-Stoff in Kombination mit der Gewichtsverteilung macht aus der Tasche auch eine ideale Einkaufstasche.
Zum Vergleich: Die VAUDE Aqua Back Gepäckträgertasche ist auch schön leicht und lässt sich gut am Fahrrad montieren, aber bei ihr sind die seitlichen Ösen für den großen Riemen viel zu tief angesetzt. Dadurch ist die VAUDE Fahrradtasche je nach Befüllung und Schwerpunktverteilung zu kopflastig. Das kann hier mit dieser Einkaufstasche nicht so schnell passieren, und trotzdem haben beide ein ähnliches Fassungsvolumen.
Der dritte Anlauf
Vor genau einem Jahr dann kam eine gute Freundin in die Stadt, die sich ähnlich fürs #Carryology-Taschenthema interessiert und ohne irgendwelche Dogmen instinktiv weiß, wie wichtig und praktisch ein einigermaßen gut durchdachtes Design ist. Sie kam hier mit ihrem kleinen Eastpak-Trolley an, den ich natürlich ob seiner olivgrünen Farbe sofort gut fand und weil ich mich ja in der Vergangenheit schon öfter mit den Eastpak-Trolleys beschäftigt hatte. Jedenfalls balancierte sie dort auf diesem Rollköfferchen ihre große Handtasche, und die fiel beim Ziehen ständig herunter. In dem Moment addierte sich in meinem Kopf meine grüne Tasche mit der „Aufstecklasche” einer Laptoptasche für Trolleys und sofort war der Wunsch geboren, sie mit so einer grünen Canvas Tasche mit seitlich angebrachter Stecklasche zu beglücken. Natürlich auch in der von ihr gewünschten Farbkombination bei den Riemen, denn da hatte ich von pink zu schwarz mittlerweile eine ganze Sammlung eingekauft und konnte mich selber nicht entscheiden.
Der Künstler versieht sein Werk natürlich mit eigenem Label, und so wurde hier ein gebrauchter Versandkarton zerschnitten und wiederverwendet. Bei dieser Version der Tasche floss die Näherfahrung aus den ersten beiden Versionen ein, d.h., die Nähte sind noch lange nicht perfekt, aber sie sind schon wesentlich ansehnlicher und auch die Befestigung der Gurte ist noch etwas langlebiger und sauberer.
Aber selbst diese Tasche ist noch nicht perfekt. Zwar hatte ich wohl bei der Bemaßung genau die richtige Länge bei den Griffen getroffen, aber der Schultergurt ist der Benutzerin mit den 4cm Breite noch zu breit und so erstellte ich ihr dann noch einen mit 2cm Breite. Aber selbst der ist ihr noch zu breit. Wobei das auch genau einen Vorteil der Tasche unterstreicht: Die Gurte in den verschiedenen Breiten sind recht schnell erstellt und jederzeit auswechselbar. Ebenso könnte die Tasche über einen Druckknopf noch verschließbar gemacht werden (z.B. mit Magnetverschluss) und auf der Innenseite über eine oder mehrere Innentaschen verfügen.
Ich habe mir daher letztes Jahr nochmal neuen Stoff organisiert, weil mein alter grüner Canvas leider alle und ein weiterer aus den letzten Jahren auch nicht mehr lieferbar ist. Dieses Mal auch in zwei verschiedenen schwarzen Farbtönen. Alleine, der Esstisch (= Arbeitstisch) war in den letzten Monaten mit anderem Kram blockiert und mir fehlte etwas die Muße. Trotzdem wollte ich diesen Zwischenstand mal verschriftlichen, weil ich schon etwas stolz über dieses Taschenmodell bin, das ich ja sehr nach Augenmaß und keineswegs nach irgendeiner Vorlage zusammengenäht hatte. Auch möchte ich nochmal lernen, die Ränder zukünftig besser zu versäubern. Bisher hatte ich eine Zickzack-Naht gesetzt und den Rand nach innen umgeklappt, aber das trägt natürlich etwas auf und ist noch nicht optimal. Einige Nähte sind mit der Hand gesetzt worden, weil mir Nähen unheimlich viel Spaß macht und es den Geist entspannt.
Der Testnutzerin vielen Dank an dieser Stelle für das detaillierte Feedback und jetzt werde ich in den nächsten Wochen wohl mal wieder an einer weiteren Iteration dieses Canvas Shoppers arbeiten.
*Canvas aus Kenia: Der grüne Zeltstoff aus Kenia wird von den Malern dort auch oft als Leinwand verwendet. Ich habe hier mehrere Bilder von kenianischen Künstlern aus den 1990er Jahren, die ihre Rahmen nicht richtig verstärkt hatten, so dass sich die Rahmen im Laufe der Jahre verzogen haben. Mit der Folge, dass die Farben teilweise brüchig und schepp geworden sind. Aber so war das damals, da nahm man was man kriegen konnte.
Update Mai 2022
Wie oben bereits erwähnt, hatte ich dann Anfang Mai in einem kreativen Moment eine neue Variante genäht, dieses Mal aus schwarzem Stoff mit leichter Gummierung auf der Innnenseite. Ein anderes Material und mit anfangs dem falschen Garn in der Nähmaschine, aber am Ende wurde es dann doch noch einigermaßen brauchbar. Und die Trägerin hat es sehr gefreut! Die Tasche ist nämlich richtig voluminös und eignet sich auch zum Transport von Schallplatten. Mindestens 20 Stück passen da auf einmal rein. Und dazu gab es noch zwei Gurte in zwei verschiedenen Breiten (2,5 und 4 cm Breite).
Leider ist vom schwarzen Stoff nichts mehr übrig geblieben und ich hatte die Tasche auch zu sehr nach Augenmaß geschneidert. Sie müsste noch etwas kürzer und schmaler sein und evtl. auch noch Klettverschlüsse oder Knöpfe am Boden haben, damit man sie enger machen kann und sie (aufgrund des flachen Bodens) nicht vom Körper absteht.