Mein lieber Ilija Trojanow

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Mein lieber Ilija Trojanow, mit dem Weltensammler hattest Du mich ja schon erreicht – dieser phantasievoll zusammengetragenen Biographie über Sir Richard Francis Burton, dem wahrscheinlich vielseitigsten Abenteurer und Kosmopoliten des viktorianischen Zeitalters. Ein Buch, dass sich ob des ständigen Wechsels der Erzählperspektive zum Ende hin im ostafrikanischen Schlamm wälzt und in meinem Bekanntenkreis anderer Afrikareisender teilweise schon nach 50 Seiten zur Seite gelegt wurde. Ein Buch, dass so viel Leidenschaft in sich trägt, dass es eines weiteren Bandes (“Nomade auf vier Kontinenten”) bedurfte, in dem das Universum und die Eigenarten des Herrn Burton näher beschrieben wurden. Schwierige Kost, so vermute ich, für all diejenigen, die auch im Zwiegespräch der Kulturen keinen Segen finden. Leidenschaft ist aber ein heimliches Dauerthema in meiner Welt, daher freut es mich umso mehr, in dieser beschriebenen Welt die Feinheiten zu erlesen, die den Herrn Burton wohl ausmachten.

Gefragt hatte ich Dich im Dezember 2006, im Goethe-Institut in Nairobi, nach der gemeinsamen Lesung mit Binyavanga Wainaina, über Deinen “Wechsel” zum Islam. Gelesen hatte ich den Weltensammler seinerzeit noch nicht – die wahre Motivation erschloss sich dann auch erst beim Lesen dieses überaus wunderbaren Interviews.

Ob es dem Burton in Ostafrika eigentlich gefallen hat, frage ich mich jetzt öfter. Ob er aufgrund der Eintönigkeit nicht nur für die Konversationen mit den Kaufleuten orientalischer Abstammung gelebt hat.

Vielleicht die gleiche Motivation, warum sich Binyavanga wohl derzeit am nigerianischen Nollywood-Fieber abarbeitet und auf Facebook Charaktere aus dem nächsten Projekt vorstellt. Ein kenianischer Schriftsteller – in Südafrika studiert, gearbeitet, über einen zynischen Artikel Berühmtheit erlangt; den Literaturbetrieb im Lande aufgewirbelt in den frühen 2000ern; die Hand, die ihn derzeit füttert, kritisierend, sich an einem modernen Afrika versucht – gar einem “interafrikanischen” Austausch, wie wir ihn vielleicht zuletzt beim CFA, bei Kwame Nrkrumah oder der Roamingvernetzung von Airtel Africa gesehen haben. Ein Schriftsteller, der ebenfalls zwischen den Welten lebt. “Nairobi people live in at least two different worlds”. Allein, er wohnt ja jetzt in den USA.

Trojanow Bücher

Nein, nein, dieses “Afrika” aus unserer Kindheit – es ist lange vorbei. Oder zumindest anders. Bei der GIZ vielleicht noch, in der “heilen Welt” einiger Auslandsdeutsche, die mit Hörspielen, dem BVB und dem Sonntag Tatort aufgewachsen sind und diese Werte jetzt ins Ausland tragen – überall dort, ja, das wirst Du sicherlich immer wieder erlebt haben im Ausland, bei Botschaftsempfängen und bei jungen DaF-Lektoren, da ist es noch so.

So wie Du es beschrieben hattest auf den ersten Seiten meiner neuesten Lektüre “Der entfesselte Globus” – eine Sammlung von Reportagen von Unterwegs. Und auf den ersten 12 Seiten sogleich die Beschreibung der deutschen “Community” in Nairobi.

Unserem Nairobi von damals, als die deutsche Community eine ähnliche bornierte Grundhaltung gegenüber dem Rest des Landes zeigte, wie sie wohl in ähnlicher Form nur Tom Hillenbrand (“Hamburg, keine Perle“) formuliert hatte (es muss ja für Daheimgebliebene nachvollziehbar sein) – ich vermute es ist nur noch schlimmer geworden. Alleine weil man in der vernetzten Gesellschaft (Mobilfunk! Satellitenfernsehen! Internet!) weniger Gemeinsamkeiten entdeckt. War die Community wohl damals noch eine Solche, ist es heute eher ein Zweckverbund.

Aber ich will ihr keinen Vorwurf machen – es gibt wahrlich introvertiertere Kulturen, die so dermaßen mit sich selbst beschäftigt sind, dass sie den externen Austausch nur dann wahrnehmen, wenn er neue Qualitäten ins Land spühlt.

Ob es den Weihnachtsstollen noch gibt – ich weiß es nicht. Zwischen uns liegen zehn Jahre Altersunterschied, kein so wirklich großer Unterschied im Nachhinein. Nairobi, mit seinen chronisch verstopften Straßen (Richard Branson stand letztens 2h im Stau), weil vier Mal so viele Fahrzeuge unterwegs wie eigentlich angebracht wären. Die deutsche Auslandsschule, die sich heute (!) nach all den Jahren endlich dazu durchringen konnte, die Verantwortung für die Domain von mir zu übernehmen; die Schule, die bei mir mehr als einmal verschissen hat (“es gibt kein schwarzes Christkind”); die Schule, in der mir mein Mathe- und Sportlehrer nach der allgemeinen deutschen Reifeprüfung nahelegte, “nichts mit Naturwissenschaften zu studieren”, und ich es dann trotzdem gemacht hatte; Nairobi, dass mich mit seinem iHub und meinen Freunden aus der kenianischen Blogosphere anlockt aber ob der Kosten für den westlichen Lebensstil und dem Reichtum der aufkommenden Mittelklasse eher abschreckt. All das, weil ja immer wieder die Frage nach der Rückkehr aufkommt. Gearbeitet habe ich in Kenia, das Land von einer anderen Seite kennengelernt. Das wahre Kenia kennengelernt, fernab der Hauptstadt. So wie Du Afrika bereist hattest. Ich erinnere mich noch gut an das Afrikanissimo Lesebuch, dieser erste Versuch der literarischen Annäherung. Gerne würde ich jetzt schreiben: ja, so war es damals, in den 1990er Jahren, als Kenia unter Moi noch fest im Griff der Mächte war, als es aus Afrika überwiegend Betroffenheitsliteratur gab – gespickt mit ein paar deutschen Reportagesammlungen der üblichen Journalisten, die sich mit einem Afrikabuch ein Denkmal setzen wollten (zurecht, hätte ich wohl auch so gemacht), aber keiner auch nur annähernd an Ryszard Kapuscinski herankam und das Afrikanissimo Buch der erste Schritt in die richtige Richtung war. Aber stattdessen schreibe ich nur: Lavington Green.

“Lavington Green”, die ersten beiden Worte im “entfesselten Globus”, die die Einkaufszeile beschreiben, wo früher zwei fette Punjabi Damen, Mukhwas-kauend, hinter der Kasse sitzend Anweisungen an ihre kenianischen Angestellten gegeben, sich dabei den Sari zurechtgerückt haben. Erinnerungen, die beim Lesen dieser Zeilen wiederkommen, die ich teilweise verdrängt hatte, weil das Einkaufszentrum in dieser Form nicht mehr existiert (der Sailsbury Supermarket aber wohl immer noch). Überhaupt, wir, die mit Forsty neben der Heilsarmee gewohnt haben, wo man jeden Sonntag Morgen die Uhr nach dem Trommelgesang stellen konnte…

Allein, allein, allein – das Buch hatte ich eigentlich ob der Reportagen aus Indien gekauft. Weil ich doch jetzt zum Ende der Woche mit einem indischen Kollegen aus Allahabad eine WG teilen werde – dem Kollegen, der sich unabhängig von mir Deinen Kumbh Mela Bildband gekauft hatte und wir so anfangs ins Gespräch kamen. “Same author!”, sagte ich ihm, und denke mir fortan “auf zu neuen Ufern!”.

Thank you for all these books!

The Collector of Worlds

Anyone remembers Binyavanga’s comment on “Nairobi people living in two different worlds?”. It is so true. Again and again.

There was this public reading (organized by the German Cultural Centre (Goethe-Institut) & the German Department @ University of Nairobi) by Ilija Trojanow and Binyavanga Wainaina at the Goethe Auditorium (@ Maendeleo ya Wanawake House – used to be one of Nairobi’s tallest buildings in the 1970s!) on Thursday evening. They jointly read passages in German and English from a new book by Ilija Trojanow about Sir Richard Francis Burton, a “Mecca pilgrim and world traveller” (btw, Burton also introduced the first edition/translation of the Indian Kamasutra books to the UK among other stories). Ilija wrote a biographical novel aptly titled “Der Weltensammler” (The Collector of Worlds) on R.F.Burton – a man who was just as mysterious and sort of multicultural cosmopolitan as the author himself. Someone who kept track of his Wanderlust and never really stuck to a place. But whereas Burton’s wife eventually burned all his diaries, Trojanow has been an active publisher and promoter of books. I like Ilija’s picturesque style of describing situations, and how he manages to combine all these different worlds under one roof by using different characters / perspectives in his book.

I had read about this event in the Daily Nation on Tuesday and instantly knew it would be a perfect chance to meet some old friends at the GI. Ilija used to be a student @ the German School in Nairobi way back in the 1970s/80s and has since then often returned to the country. He’s a third culture kid like most of us out here in the blogosphere (all Nairobians are to some extent, ama?) and seems to have an understanding of the culture in the colonial East Africa and how to describe it in his book through the eyes of Burton. An interesting story.

I think it is against this background that made him write a novel on such a controversial character Burton was. And of course the Arab + East African connection: Trojanow recently  accepted (not: converted to!) the Islam as his religion because parts of his family already share that believe (and for other, much more intimate reasons which he disclosed in other interviews online. Reasons that make me understand this rather unusual, but very motivated move) . Burton disguised as a Muslim pilger in order to go on a pilgrimage to Mecca (he even received a circumcision to fully prepare for the pilgrimage!) – something Trojanow also achieved (~ getting a visa for Saudi Arabia) by living with the Deobandi in India for some time.

SANY9148

Binyavanga and Ilija are two very different characters who – in my opinion – have come around and have an understanding for the cosmopolitan context (both lived in SA, btw). An ability which is needed to describe situations – I guess you have to be some sort of collector to aggregate impressions/worlds and imagine them in your head before you can put them down in words. After all, it’s just not the beauty of the language that attracts people to read, but the way these worlds are combined / arranged and described using appropriate words. Both authors know how to do this – and have found their readers here and elsewhere.

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Talking of B.Wainaina – Kwani? #4 will be out soon and hopefully available for the christmas market. All KenyanTourists (KTs) abroad should seriously think about getting their copy this time. Kwani #1,#2 & #3 have already been a success story and received with great interest by the public. Obviously, I couldn’t resist from asking both authors about a possible future cooperation, and the idea isn’t so far fetched…Kwani isn’t Wainaina’s only project – he told us about his 2nd (own) book which needs to be finished soon. Good luck!

Going to such events also includes meeting new people…new worlds…new stories. There’s this jamaa by the name of Bernhard we met tonight who came all the way from Germany to Kenya to do an internship at Kenyatta Hospital in Nairobi. Free of charge! Ok, there’s a scholarship that pays for his expenses, but nevertheless – most of you can easily imagine what it takes to work at Kenyatta Hospital. Bernhard told me that he also blogs his experiences. In any case: respect, bro!

Finally: Welcome home, Kui! (<= I would like to put a smiley here..)