Kein Kunstverein also, aber doch ein Kunstinstitut und eine Galerie, eine von einem Frankfurter Bürger vor zweihundert Jahren aus Privatvermögen heraus gegründete Initiative, um der gesammelten Kunst einen würdigen Rahmen zu geben. Das erstarkende Bürgertum im 19. Jahrhundert trug dazu bei, dass Kunst als Eigentum der Nation betrachtet wurde. Und damit liegt die Gründung des Städelmuseums noch vor dem eigentlichen Museumszeitalter, das erst um ca. 1830 begann.
Der Frankfurter Bankier und Gewürzhändler Johann Friedrich Städel war es, der testamentarisch sein Privatvermögen und seine aufgebaute Kunstsammlung an ein nach ihm benanntes Kunstinstitut stiftete. Wahrlich, wer so handelt, wird ewig in Erinnerung bleiben. Ein schöner Schritt für den Mäzen, und eine wunderbare Bereicherung für die Stadt Frankfurt, die mit dem 1878 bezogenen Prachtbau am Schaumainkai seitdem auch einen Ort für die 3000 Gemälde vom Mittelalter bis zur Moderne und zur Gegenwartskunst aufweisen kann. Dazu kommen über 100.000 Zeichnungen und Druckgrafiken, 4.000 Fotografien, 600 Skulpturen und eine Präsenzbibliothek mit 115.000 Bänden.
#200jahrestaedel
Fast forward im Jahr 2015, auch nach zweihundert Jahren haben die mittlerweile alten Werke noch ihre Berechtigung — galten sie doch seinerzeit als modern und als gewolltes Ausdrucksmittel. Aber wie wecken wir das Interesse der kommenden Generationen für die alte Kunst? Wie kann man im Zeitalter der optimierten Selbstdarstellung, in einer fast rein visuell-orientierten Welt eigentlich noch punkten und Aufmerksamkeit bekommen?
Eine Lösung: #200jahrestaedel
Ein Hashtag. Ein kurzer Hashtag, der auf allen Kanälen gleichermaßen funktioniert und in seiner Kürze verdeutlicht, worum es geht: 200 Jahre Staedel.
Und dazu gab es die passende Führung:
Alle Bilder wurden von Marc Dyck aufgenommen. Vielen Dank!
200Jahre Kunstgeschichte, die auch bei der jungen Designstudentin in Instagram erscheinen und verdeutlichen können, dass es bei der Kunst eben nicht nur um alte Kunstwerke geht, sondern um den Bezug zu diesen Werken und wie sie einzuordnen sind. Alte Gemälde, die vor 150 Jahren modern waren und in ihrer ganzen Art und Weise mit den Farben, der Stimmung, der Opulenz, der Technik vor allem auch ein Zeugnis ihrer Epoche darstellen. Die Nachkriegsbilder aus der abstrakten Malerei im Neubau des Städels, die vor allem die Leere der Nachkriegszeit verdeutlichen sollten und heute anders wirken als damals. Die kleinen, anfangs nur quadratischen Bildchen bei Instagram, auf denen junge Talente ihre monochrome Stimmung einfangen und über zigfache Likes einen Teil ihrer Selbstbestätigung bekommen. Fotografie ist auch Kunst!
Womit wir wohl auch wieder beim erstarkenden Bürgertum wären: Die Kunst wird Teil der Gesellschaft, sie ist nicht mehr einigen wenigen Bürgern vorbehalten, die sich diesen Luxus leisten können. 200 Jahre Städel bedeuten auch 200 Jahre Wandel und stetiger Blick zurück zu dem, was Menschen berührt hat und alles überdauert. Ob die Bilder bei Instagram auch so lange überleben werden?
Um all das geht es aus meiner Sicht auch, wenn das Socia Media Team des Städel interessierte Blogger, Twitterer und Instagramer (Microblogger) nach Ladenschluss ins Museum einlädt und 200 Minuten lang in verschiedenen Führungen die Vielfalt des Museums darstellt. Ein Social Media Event zum Jahresende, in dem wohl schon öfter über die 200 Jahre des Kunstinstitus sinniert wurde. Eine Smombie-Veranstaltung, bei der wir Blogger auf unsere Smartphones eintippen, während vorne eine Dame des Museums steht und die Städel-App erklärt, über die Inhalte digital abgerufen werden können. Digitaler Wandel auf allen Ebenen.
Freilich, über den bei Twitter ausgelösten Buzz kann man streiten (über 1.500 Tweets, 6 Millionen Impressionen, usw.) und Likes in Keksform sind auch eher so meta-witzig. Allerdings hat es trotzdem ganz wunderbar funktioniert und zeigt auch vor allem eines: beim Städel hat man den Umgang mit Bildern verstanden. Das Städel findet Ihr auch bei Instagram.