Heute bin ich nach einem unruhigen Schlaf aufgewacht, griff zum Handy, las ein paar Tweets und dachte mir so: “Ach, zu diesem Thema hatte ich doch schon mal einen Blogpost geschrieben”.
Und dann ist mir schlagartig bewusst geworden, dass dieses Blog schon seit fast 15 Jahren existiert. Und dass ich immer wieder hier und auf meinen anderen (Themen-)Blogs nach alten Beiträgen schaue, die teilweise in der Thematik nicht all zu viel an Aktualität eingebüßt haben und Gedanken zusammenfassen, die ich in der Zeit mal auf Englisch oder Deutsch zu einem bestimmten Thema zusammengeschrieben hatte. Vieles vergisst man ja auch inhaltlich, da ist so eine Merkhilfe nicht verkehrt.
15 Jahre! Andere gründen in der Zeit eine Familie, bekommen Nachwuchs, machen Karriere, reisen durch die Welt. Und ich? Habe in den 15+ Jahren mein Geschreibsel im Internet gesammelt und es an einem Ort veröffentlicht. Vielleicht nicht immer für alle Leser*innen interessant oder relevant, aber für mich doch auch faszinierend, dass man ein Blog so lange betreiben kann. Gerade wo doch die Inhalte online immer kürzer (Twitter), visueller und kurzlebiger (IG Stories) werden, und die Anzeige eher einem zufälligen Aufpoppen im Feed des Lesers überlassen wird. Alleine das Thema “RSS-Feeds” wäre ja auch schon ein Grund zum Jammern. Überhaupt, wer liest denn heutzutage noch Blogs?
Vielleicht ist das auch die falsche Frage, denn ein Maler malt seine Bilder auch nicht weil sie angeschaut werden sollen, sondern weil da etwas tief drinnen ist, das befreit werden möchte und sich dann entfalten soll. So ist es auch immer mit meinen Blogposts gewesen, und in all den Jahren habe ich auch nie nach SEO-Kriterien geschrieben, was sicherlich auch daran liegt, dass es diesen ganzen professionellen / kommerziellen Ansatz zum Bloggen erst viel später gab. Im Artikel über den leider viel zu früh verstorbenen Robert Basic schrieb ich auch etwas zu dieser Art des Bloggens: Die Dinge einfach runterschreiben, aber um des Schreibens willens, nicht weil man irgendwelche Nischenthemen besetzen oder irgendwelche Klickraten in dieser Aufmerksamkeitsökonomie erreichen möchte.
So ist es auch nicht verwunderlich, dass ich mich nach 2008 immer wieder gegen die Bezeichnung “Blogger” gewehrt hatte. Ich wollte nicht mit diesen neumodischen Bloggern in einen Topf geworfen werden, die ihre Blogs vor allem aus kommerziellen Gründen heraus gestartet hatten und da ganz anders herangingen. Fucking Millenials aber auch, ständig diese Optimierung der Selbstdarstellung, dicht gefolgt von einer Sinnkrise, wenn es mal nicht so gut läuft. So einer von denen wollte ich nicht sein, “Blogger” sein war mir zu blöd geworden. Auf einer Fachkonferenz wurde ich mal als Blogger vorgestellt, was ich etwas absurd fand. ABER! Aber…. aber die anderen Teilnehmer waren größtenteils Wissenschaftler, die nicht emotional oder “spannend” genug formulierten, die Texte nur aus Forschungsberichten und -anträgen kannten und die wenn dann erst spät Twitter für sich entdeckt hatten und ihre akademischen Tweets mit Hashtags ertränken (was soll das? Referenzierbarkeit wichtiger als Lesbarkeit? So absurd…). Dann doch lieber Blogger sein – und kein Journalist, kein Wissenschaftler, kein sonstwas, sondern Blogger. Wo ein Artikel als Satire oder Meinung gelten kann und keine Standards erfüllen muss, die irgendjemand auferlegt hat. Das Schreiben nach SEO-Kriterien empfinde ich übrigens auch als so eine Gängelung: Sind meine Texte zu lang? Liest das überhaupt jemand noch, wenn sie einerseits nur noch Tweets und IG-Stories gewöhnt sind, andererseits “Blogposts” nur noch als diesen weichgespülten SEO- und Klickbbait-Mist kennen?
Im Grunde ist es egal. Es ist egal, was man als Blogposts in dieses Netz schreibt, weil die Leute immer weniger längere Beiträge lesen und selbst beim besten Willen noch nicht mal sicher ist, dass sie Deine Inhalte richtig angezeigt bekommen. Nicht egal ist mir aber das Schreiben und vor allem dieses Blog – mein Hauptblog – in das ich seit 2005 Dinge reinschreibe und das ich immer wieder gerne aufrufe, weil ich hier Gedanken verortet habe, die mir irgendwann wichtig waren. Vielleicht ist das alles Grund genug, um einfach weiterzumachen.