Um es gleich vorweg zu erwähnen: Der Um- und Neubau des Historischen Museums in Frankfurt ist eine sehr sinnvolle und lohnenswerte Initiative, die Frankfurt noch viele Jahre lang bereichern wird. Dabei handelt es sich aber keineswegs nur um eine bauliche Maßnahme und die Schaffung von neuen Räumen mit mehr Platz (von 3.200 qm auf 6.000 qm), sondern vielmehr um die optimierte Zusammenstellung bestehender und neu zu schaffender Inhalte. Verbunden werden diese mit einer neuen Umgebung, die als Begegnungsstätte dient und die zugleich einen Blick auf Frankfurt ermöglicht, der an keiner anderen Stelle der Stadt besser platziert wäre.

Das (neue) historische Museum in Frankfurt ist für mich an dieser Stelle eine notwendige Institution; ja fast sogar eine Art Kunsthalle, deren Kuratoren die Bürger teilweise selber sind. Ein Museum für Frankfurt, vergleichbar mit dem Aufruf „Stadt für Alle“, der auf die hohen Lebenshaltungskosten in der Stadt hinweist. Selber sieht man sich auch ähnlich, also weg vom ehemaligen “Fachmuseum für Geschichte”, hin “zum Stadtmuseum der Mainmetropole”.

Eingeladen hatte das KuratorInnen-Team des Historischen Museums zum „Stadtlabor Brainstorming“, einer kreativen Session zu verschiedenen Themenbereichen: Welche Inhalte können im Museum dargestellt werden? Was interessiert die Bürger? Wie können sich diese beteiligen? Welche Inhalte aus Frankfurt werden den Besuchern vermittelt? Welche Inhalte können digital vermittelt werden? Wo sind die guten Orte in Frankfurt, was gefällt Euch an dieser Stadt? Wo seid Ihr gerne und wo nicht?

Fragen, die sich auch schon Franziska Mucha und ihre KollegInnen im Rahmen des „Stadtlabor unterwegs“ gestellt hatten und deren Ergebnisse in die zukünftige Ausstellung im Stadtlabor Digital fließen. Das Stadtlabor ist dabei ein Teil der “Frankfurt jetzt”-Ausstellung im oberen Stockwerk des Neubaus — einem Raum, der für sich alleine schon genau das darstellt, was Franfurt so lange gefehlt hat: mehr (Frei)Raum für die Gegenwartskultur. Für mich ist dieser Raum vergleichbar mit der Hand, die in einen Topf voller Gold greift und damit Werte zu Tage fördert, die jederzeit Begierden wecken und freudig stimmen. Verglichen mit dem alten Fachmuseum an der gleichen Stelle ist das ein Quantensprung, der dem “ältesten Museum Frankfurts” endlich zu dem Standing verhilft, das es schon längst verdient hätte.
“Acht Frankfurt-Klischees werden als Stadtmodell in einer großen Schneekugel präsentiert. Ein Roboter im Kellerraum übernimmt das Auswechseln der Modelle und begrüßt die Besucher.” — Was sich wie die Attraktion eines Erlebnisparks anhört, ist das Ergebnis der Zusammenarbeit der Kuratoren mit externen Beratern, die sich solche Gimmicks ausdenken und damit die Art von Interaktion ermöglichen, die in vielen Museen heutzutage gefordert werden. Kann man machen und wird sich auch noch beweisen müssen.
Im Herzen des Museums, direkt im Eingangsbereich einsehbar, befindet sich der Stauferhafen, eine ehemalige Hafenmauer aus der Staufenzeit, die eine Einbuchtung des ursprünglichen Hafens am Mainufer markiert und seitdem aufgeschüttet und weiter südlich verlegt wurde. Beim Neubau wurden diese historischen Bauwerke im Erdreich entdeckt und die für diesen Ort ursprünglich geplanten Toiletten an eine andere Stelle im Kellergeschoss verlegt. Statt einer überdachten Freifläche für Veranstaltungen, wurde dieser Bereich im südlichen Innenhof jedoch komplett freigelegt und nur durch eine ca. 2m breite Terrasse begrenzt. Welche anderen Schätze mögen wohl noch in der Erde unter Frankfurt auf ihre Entdeckung warten und irgendwann mehr über die Entwicklung der Stadt verraten?
An anderer Stelle erwähnte ich bereits, dass Frankfurt so sehr in der Gegenwart lebt und im Vergleich zu anderen Städten für seine eigene Identifikation eher weniger zurückschaut; sich gefühlt weniger auf dem ausruht, was eigentlich seinen Anspruch als Messestadt und Handelsmetropole unterstreichen würde.

Für uns Beobachter ist es aber doch sehr interessant, welche Adels- und Kaufmannsfamilien in der Stadt regierten und ihr die nötigen Impulse verleiteten. Und auch jetzt, 70 Jahre nach Kriegsende, möchte man wieder zu altem Glanz kommen und besinnt sich alter Werte, was sich derzeit besonders schön in der neu aufgebauten Altstadt zeigt. Nicht für die Touristen haben wir das gemacht, sondern für uns!

In diesem Zusammenhang müssen auch die Sammler und Stifter erwähnt werden, die meistens aus dem bürgerlichen Umfeld kamen und der Stadt nachhaltige Werke hinterlassen haben (siehe auch: 200 Jahre Städel). Nicht nur komplette Gemäldesammlungen wurden gestiftet, auch andere Spezialsammlungen wie historische Rüstungen und Jagdwaffen oder diverse Münzsammlungen wurden dem Museum hinterlassen. Das ist eine bis heute anhaltende “Tradition bürgerschaftlichen Engagements” und war damals mit der Absicht verbunden, das “Wahre, Schöne, Gute” für die Nachwelt zu erhalten. Doch welche Werte werden wir im Jetzt! für Frankfurt definieren? Genau das möchte das neue historische museum frankfurt mit uns Bürgern zusammen herausfinden — und freut sich spätestens ab Herbst 2017 auf einen vollwertigen Neustart.

Historisches Museum Frankfurt
Saalhof 1 (ehemals Fahrtor 2)
60311 Frankfurt am Main
https://historisches-museum-frankfurt.de/
Öffnungszeiten
Di-So 10:00–17:00
Mi 10:00–21:00
Mo geschlossen
Hinweis: Die meisten Bilder in diesem Artikel stammen von der Übergabefeier der Architekten vom 17.05–21.05.2017, als einige der o.g. Räume noch nicht zugänglich waren. Vielen Dank an @nochsoeiner für diese tollen Aufnahmen!
Diesen Artikel schrieb ich für unser Stadtmagazin hallofrankfurt.de, wo er am 1. Juni 2017 veröffentlicht wurde.